11.07.2022

Psychologische Beratung

Studentenwerk Leipzig baut Psychosoziale Beratung vorübergehend aus

Dank der Corona-Bewältigungsfonds des Freistaates Sachsen kann das Studentenwerk Leipzig seine Psychosoziale Beratung vorübergehend ausbauen, wodurch die Wartezeiten bereits jetzt halbiert werden.

Beratungssituation. Foto: DSW

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Der Bedarf von Studierenden an psychosozialer Beratung ist im Zuge der Corona-Pandemie stark gestiegen – eine Entwicklung, die bis heute anhält. Die Beratungsstellen beim Studentenwerk Leipzig erleben pandemiebedingt einen deutlich erhöhten Andrang. Mit Mitteln aus dem Corona-Bewältigungsfonds des Freistaates Sachsen konnte das Studentenwerk Leipzig nun in der Psychosozialen Beratung die Kapazitäten vorübergehend bis Ende 2022 aufstocken. Die Wartezeiten für Einzelberatungen konnten dadurch in den letzten Wochen bereits von 8 auf 4 Wochen reduziert werden.

Studierende, besonders Studienanfänger:innen leiden bis heute teils massiv unter den Auswirkungen der coronabedingten digitalen Lehre. Aufgrund der lange Zeit geschlossenen Hochschulen fehlte es ihnen an sozialem und fachlichem Austausch. Dies führte oftmals zu erheblichen psychosozialen Belastungen, merklichen Verzögerungen der Studienabläufe oder gar zu Studienabbrüchen. Das soziale Miteinander, welches essentiell und prägend für das Studium ist, fehlte aufgrund der Kontaktbeschränkungen nahezu komplett und Studierende lernten sich lediglich per Bildschirm in Online-Meetings kennen. Die psychischen Folgen treten meist zeitversetzt auf, sodass davon auszugehen ist, dass der erhöhte Bedarf auch 2023 zunächst bestehen bleibt.

Unter Studienanfänger:innen sind Identitätskrisen nicht selten, weiß Pablo Paolo Kilian, Psychologe und Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle im Studentenwerk Leipzig: Die Anfangsphase des Studiums dient der Orientierung – eine neue Stadt, die Berufswahl, neue soziale Netzwerke – junge Menschen treffen einflussreiche Entscheidungen über den eigenen Lebensweg, lösen sich vom Elternhaus und erlernen Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Wenn dabei Schwierigkeiten auftreten, z.B. Studienzweifel, hilft unter normalen Umständen ein sozialer Austausch. So lassen sich Bewältigungsstrategien finden, um Identitätskrisen zu meistern. In den letzten zwei Jahren aber kamen auch noch die Auswirkungen der Pandemie hinzu. Der soziale Austausch war größtenteils massiv eingeschränkt. Dies überstieg bei vielen Studierenden die Bewältigungsmöglichkeiten. Hierdurch konnten sich Krisen zu ausgewachsenen psychischen Belastungen manifestieren.“

Dass die Belastung von Studierenden mit der Pandemie zunahm, zeigen nicht zuletzt die Beratungszahlen in der Psychosozialen Beratungsstelle: Lag die Zahl der Einzelberatungen beim Studentenwerk Leipzig 2019 noch bei 2.678 so stieg sie 2021 auf 3.339 - ein Plus von 25%. Hinzu kamen 1.029 Teilnehmende in Gruppenangeboten, die im Zuge der Pandemie kurzfristig geschaffen wurden. 2022 dürfte der Beratungsbedarf nochmals steigen. Im ersten Quartal fanden bereits 909 Einzelberatungen statt – ein Anstieg um 42% im Vergleich zum ersten Quartal 2021 (636 Einzelberatung). Das Studentenwerk versucht hier mit gestaffelt freigegebenen Terminen und mehr Gruppenangeboten entgegenzuwirken.

Dass es so kommen würde, hatten die vier Sächsischen Studentenwerke frühzeitig angemerkt. Bereits im Sommer 2021 forderten sie die Politik in einem gemeinsamen Positionspapier zum Handeln auf. Darin wurde ein Corona-Nachsorge-Paket zur psychosozialen Unterstützung analog dem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ vorgeschlagen. Ziel war eine pandemiebezogene, temporäre Aufstockung der personellen Kapazitäten in den psychosozialen Beratungsstellen.

Dr. Andrea Diekhof, Geschäftsführerin des Studentenwerkes Leipzig: „Wir sind der Sächsischen Staatsregierung sehr dankbar, dass sie uns für die Bewältigung der pandemiebedingten Mehrbedarfe in der Psychosozialen Beratung Mittel aus dem Corona-Bewältigungsfonds bewilligt hat. Mit Hilfe dieser Mittel können nun bestehende Arbeitsverträge verlängert, zusätzliche Berater:innen eingestellt bzw. bestehende Stellen aufgestockt werden..“

Mit dem Corona-Bewältigungsfonds hatte der Freistaat Sachsen den vier sächsischen Studentenwerken 13 Mio. Euro zur pandemiebedingten Kompensation von Einnahmeausfällen in den Mensen und Studentenwohnheimen zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr wurden zudem Mittel für den Bereich der Sozialen Dienste bereitgestellt. So erhielt das Studentenwerk Leipzig im April 2022 140.000 Euro, mit denen nun in der Psychosozialen Beratung Stellen bis Ende des Jahres nachbesetzt, bzw. Arbeitsverträge verlängert werden konnten.

Angesichts der bereits wieder steigenden Infektionszahlen und dem für psychische Belastungen typischen versetzten Verlauf ist davon auszugehen, dass es in den psychosozialen Beratungsstellen auch über den Jahreswechsel hinaus noch einen pandemiebedingt erhöhten Beratungsbedarf geben wird. Gleiches gilt langfristig auch für die Sozialberatung beim Studentenwerk. Oft kommt es zu Wechselwirkungen von psychischen Belastungen und der Studienfinanzierung beispielsweise aufgrund von verzögerten Studienverläufen. Diekhof fordert daher: „Um eine bedarfsgerechte niedrigschwellige Beratungsleistung zu gewährleisten bedarf es auch für 2023 einer vorübergehenden Aufstockung der Kapazitäten der Beratungsangebote.“

Mit der psychosozialen Beratung stellen die Studentenwerke ein niedrigschwelliges, kostenfreies Angebot für die Studierenden zur Verfügung, um psychischen Erkrankungen präventiv entgegenzuwirken. Ein frühzeitiges Aufsuchen dieses Angebotes hilft dabei die Belastungen leichter zu reduzieren. Dafür stehen qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit, welche auf die besonderen Bedürfnisse der Studierenden angepasste Beratungen gewährleisten.