30.08.2021

Studienfinanzierung

Eckpunkte für eine auskömmliche Studienfinanzierung, insbesondere eine BAföG-Reform

Zur Verabschiedung des Bundesausbildungsförderungesetzes (BAföG) vor 50 Jahren legt das Deutsche Studentenwerk (DSW) zehn Eckpunkte vor für eine grundlegende BAföG-Reform vor.

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Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, wurde vor 50 Jahren verabschiedet und hat seit dem Millionen Studierenden ein Studium ermöglicht. Leider fällt die Zahle der Antragsstellenden seit 2012 kontinuierlich. Um das zu ändern und das BAföG wieder zur Grundsäule der Studienfinanzierung zu machen, bedarf es eienr grundlegenden Reform. Hier skizzieren wir, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um das BAföG zukunftsfest zu machen.

 

1. BAföG existenzsichernd ausgestalten und Planungssicherheit gewährleisten

  • Kongruenz zum Familienrecht herstellen (Düsseldorfer Tabelle), aber auf relative BAföG-Freibeträge nicht verzichten
  • (Re-)Integration des zusätzlichen Wohnbedarfs aus dem SGB II ins BAföG (ein einziger Leistungsträger: ein einziger Antrag)
  • Förderentscheidung für ein ganzes Bachelor- oder Masterstudium (Finanzierungssicherheit)
  • Automatische Dynamisierung vergleichbar Renten, Diäten, Wohngeld (ab 2022) auf strikter Basis der jeweils zweijährigen BAföG-Berichte
  • Gewährung ausstattungsbezogener und studienbezogener Einmalzahlungen wie IT-Ausstattung, Kosten für Tests, Vorstellungsgespräche sowie Einschreibegebühren vor Studienbeginn und einer BAföG-Förderung

2. BAföG flexibilisieren und an eine sich verändernde Studien- und Lebenswirklichkeit anpassen

  • Anteil der Anspruchsberechtigten von derzeit 63 % signifikant erhöhen – und wieder für Studierende aus Elternhäusern mit mittlerem Einkommen zugänglich machen
  • Angesichts weiter existierender Verschuldungsängste sukzessive zurück zum Vollzuschuss
  • Grundsätzliche Kopplung von Förderungsrecht und Hochschulrecht zugunsten der Studierenden
  • Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenslagen wie: Studium mit Kinder/n, Studium mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, unterschiedlicher Altersphasen (z.B. altersgestaffelte Vermögensfreibeträge)
  • Synchronisierung von Unterhaltsrecht und Familienleistungsausgleich (z.B. elternunabhängige Förderung ab 27 statt 30)
  • Verkürzung der Anrechnungszeiten für eine elternunabhängige Förderung nach abgeschlossener Berufsausbildung bzw. Erwerbstätigkeit

3. BAföG-Förderhöchstdauer der Studienrealität anpassen

  • Regelstudienzeit plus 2 Semester (die BAföG-„Hilfe zum Studienabschluss“ soll aber nicht entfallen)

4. BAföG entbürokratisieren und einfach, transparent, digital ausgestalten

  • Umfang der Anforderungen im BAföG-Gesetz und insoweit Angaben im Antrag reduzieren
  • Gesetzesformulierungen einfacher sprachlich verständlich gestalten
  • Kaum zu realisierende Einzelfallgerechtigkeit durch Pauschalierungen ersetzen
  • BAföG-Leistungsnachweis abschaffen
  • Bei Staatsangehörigkeit negativ den Ausschluss definieren („Förderung kann nicht erhalten, wer …“)
  • Zur Erleichterung der Einnahmenermittlung alle Einnahmen – auch die nicht steuerpflichtigen – sollen im Einkommensteuerbescheid aufführen  
  • Bundesweit einheitlich über die gesamte Prozesskette hinweg digitalisieren

5. Zielgruppen für die Förderung erweitern (gemäß der Bildungskette)

  • Um Bildungsübergänge zu unterstützen: wieder Schüler/innen an allgemeinbildenden Schulen fördern
  • Altersgrenzen abschaffen, um durchgängig ein lebensbegleitendes Lernen über alternierende Ausbildungs- und Berufsphasen (z.B. Bachelor – Berufstätigkeit – Master – Berufstätigkeit – Weiterbildungsstudium – Berufstätigkeit) zu ermöglichen
  • Weitere Chance bei Fachrichtungswechsel/nach Studienabbruch – auch im Masterstudium ermöglichen

6. Härtefallregelung in Gesetz implementieren

  • Der Diversität konkret-individueller, im Gesetz nicht oder nur eingeschränkt abbildbarer Lebenssachverhalte durch Gewährung von Studienunterstützung zum Ausgleich sozialer Härten oder besonders schwieriger Studienbedingungen gerecht werden (wie z.B. im Studienförderungsgesetz in Österreich. )

7. Automatisch greifenden Notfallmechanismus in das BAföG für Katastrophenlagen implementieren

  • sofern der Deutsche Bundestag eine Katastrophenlage feststellt

8. Kindergeld für Auszubildende wieder bis zum 27. Lebensjahr

  • Erhöhung der Altersgrenze für das Kindergeld auf 27, da das Durchschnittsalter der Studierenden (Median 23,4) entgegen der Erwartungen der Bologna-Studienreform (Bachelor/Master) nur unswesentlich gesunken ist.

9. BAföG-Ämter personell und sächlich ausfinanzieren

  • Ausbau der individuellen Beratung

10. Mittelfristig Rechtskreisübergreifende Strukturreform in Richtung eines Drei-Körbe-Modells angehen

  • die systemimmanente Reform des BAföG durch eine übergreifende Strukturreform und Synchronisierung von Unterhaltsrecht, Familienleistungsausgleich, Ausbildungsförderung und anderem Sozialrecht dringend wiederaufnehmen, z.B. über das Drei-Körbe-Modell (Sockelförderung plus BAföG als Aufstockung plus Einmalausgaben, z.B. zum Studienbeginn).

Berlin, 1. September 2021