26.04.2018

Mecklenburg-Vorpommern

Stellungnahme zur Änderung des Studierendenwerksgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern

Das Aktiengesetz passt nicht zu den Studierenenwerken als Anstalten des öffentlichen Rechts und soll auf keinen Fall, wie es das Land Mecklenburg-Vorpommern plant, auf die dortigen Studierendenwerke angewandt werden. Das ist der wichtigste Punkt dieser Stellungnahme.

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Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks (DSW) zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Studierendenwerksgesetzes im Land Mecklenburg-Vorpommern

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Dachverband der 58 Studentenwerke in Deutschland und nimmt außerdem satzungsgemäß sozialpolitische Belange der Studierenden der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden zu dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Studierendenwerksgesetzes im Land Mecklenburg-Vorpommern Stellung, soweit dies die Arbeit der örtlichen Studierendenwerke bzw. sozialpolitische Belange der Studierenden an den Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern betrifft.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll mit den geplanten Änderungen ein Zugewinn an Rechtssicherheit erreicht werden. Aus Sicht des Deutschen Studentenwerks sind für die effiziente Arbeit seiner Mitglieder sowohl möglichst rechtssichere gesetzliche Rahmenbedingungen als auch eine ausreichende Finanzierung der Studierendenwerke grundlegend. Insofern teilt das DSW diese Zielstellung. Dennoch kann der Gesetzentwurf aus Sicht des DSW nicht unverändert übernommen werden.

 

Studierendenwerke sind keine Aktiengesellschaften – keine ergänzende Geltung des Aktiengesetzes!

Nach dem geplanten § 8 Abs. 1 S. 4 StudWG M-V sollen sich „Im Übrigen […] die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates nach dem Aktiengesetz [bestimmen].“ Das Deutsche Studentenwerk rät dringend davon ab, eine solche Gesetzesergänzung vorzunehmen. Eine ergänzende Geltung des Aktiengesetzes wäre systemwidrig und würde für die Studierendenwerke und die Aufsichtsratsmitglieder nicht ein Mehr an Rechtssicherheit bedeuten, sondern im Gegenteil deutliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen:  

Studierendenwerke sind keine Aktiengesellschaften, Studierendenwerke sind Anstalten des öffentlichen Rechts und als solche Einrichtungen der funktionalen Selbstverwaltung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert dies rechtlich sowohl eine organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen als auch, dass der Gesetzgeber nach dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes ausreichende institutionelle Vorkehrungen dafür treffen muss, dass bei der Zusammensetzung des kollektiven Leitungsorgans die betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt werden.

In den meisten Bundesländern wird das Kollegialorgan Verwaltungsrat genannt, in Mecklenburg-Vorpommern heißt es seit Geltung des neuen Studierendenwerksgesetzes Aufsichtsrat. Trotz dieser Formulierung handelt es sich dabei – wie sich auch aus der Breite der in § 8 Abs. 2 StudWG M-V genannten Aufgaben ergibt – um ein vorrangig rechtsetzendes und rechtsgestaltendes Organ. Viele Inhalte der Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats der Studierendenwerke ergeben sich daher nur konkret im Lichte dieser besonderen Rechtssituation.

Charakteristisch hierfür ist u.a., dass die von den Verwaltungsaufgaben Betroffenen – Studierende und Hochschulen – in den Entscheidungsorganen vertreten sind. Bereits dies zeigt einen wesentlichen Unterschied zu Aktiengesellschaften: so spielen etwa die Kunden einer Aktiengesellschaft im dortigen Aufsichtsrat grundsätzlich keine maßgebliche Rolle.

Für Anstalten des öffentlichen Rechts der Länder gelten öffentlich-rechtliche Regelungen der Länder. Das Aktiengesetz ist dagegen ein Bundesgesetz. Es gilt für juristische Personen des Privatrechts. Wenn in Bezug auf die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats der Studierendenwerke ergänzend pauschal auf das Aktiengesetz verwiesen würde, wären damit gesetzliche Vorschriften aus einem gänzlich anderen Rechtsbereich verpflichtend.

Auch wenn es hier bei den Aufgaben teilweise Ähnlichkeiten gibt: das massive rechtliche Risiko wäre, dass es dadurch zur Notwendigkeit der Erfüllung gesetzlicher Rechte und Pflichten kommt, welche in den Anstalten des öffentlichen Rechts nicht sinnvollerweise umsetzbar sind.

Dies gilt sowohl für die jeweils aktuellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen einschließlich der dazugehörigen Rechtsprechung als auch bei möglichen zukünftigen Änderungen. Es ist ständig zu befürchten, dass es in der konkreten Rechtsanwendung zu Erfordernissen kommt, welche nicht passen bzw. die organisatorisch in den Anstalten öffentlichen Rechts nicht umsetzbar sind und von denen wegen der gesetzlichen Festlegung dennoch nicht abgewichen werden kann. Dies würde sowohl für die Studierendenwerke als auch insbesondere für die Aufsichtsratsmitglieder zu signifikanter und dauerhafter Rechtsunsicherheit führen. Ein entsprechender Verweis auf das Aktiengesetz findet sich demgemäß auch in keinem Studentenwerks- und Studierendenwerksgesetz bundesweit. Er sollte dringend unterbleiben. 

 

Nutzung der Einrichtungen der Studierendenwerke durch Personen, die als Doktoranden/innen eingeschrieben sind

Der geplante § 3 Abs. 1 S. 2 StudWG M-V sieht vor, dass „eingeschriebene Doktorandinnen und Doktoranden“ auf Antrag die Einrichtungen der Studierendenwerke wie Studierende nutzen können. Nach den Aussagen in der Begründung des Gesetzentwurfs möchte das Bildungsministerium mit einer solchen Gesetzesänderung vor dem Hintergrund der Regelungen auch des Landeshochschulgesetzes und der Verwaltungspraxis des Landes Mecklenburg-Vorpommern hier eine stärkere Rechtssicherheit erreichen.

Wenn für diesen Personenkreis eine entsprechende Gesetzesänderung vorgenommen werden soll, empfehlen wir bereits aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gegenüber der Entwurfsfassung eine Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses: Die Regelung sollte den Grundsatz aufstellen, dass dieser Personenkreis die Einrichtung der Studierendenwerke nutzen kann, sofern die betreffende Person nicht einen Antrag auf Befreiung stellt.

Hierbei sollte die Formulierung des betreffenden Personenkreises auch geringfügig anders gefasst werden: Es sollte entsprechend § 44 Abs. 1 S. 1 LHG M-V heißen: „Personen, die als Doktorandinnen oder Doktoranden an einer Hochschule des Landes eingeschrieben sind […]“. Denn in den Fällen, in denen Doktoranden/innen nicht nur als solche, sondern stattdessen bzw. zusätzlich als Studierende eingeschrieben sind, ergibt sich eine Berechtigung zur Nutzung bereits hieraus. Im Übrigen sollte deutlich gemacht werden, dass sich aus der Nutzungsmöglichkeit auch die Beitragspflicht ergibt, d.h. § 13 Abs. 2 StudWG M-V entsprechend gilt. Außerdem sollte § 3 Abs. 2 StudWG M-V sprachlich angepasst werden, damit es in Bezug auf die betreffenden Personenkreise nicht zu Widersprüchen kommt.

Berlin, 27. April 2018

Achim Meyer auf der Heyde

Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks