23.05.2018

Finanzierung Studierendenwerke

Stellungnahme zum Landesrechnungshof Baden-Würtemberg

Diese Stellungnahme geben wir ab in Abstimmung mit der Arbeitgegemeinschaft Süd-West; das sind die Studierendenwerke Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim und Stuttgart. Wir reagieren auf die Prüfungsmitteilung des Rechnungshofs Baden-Württemberg sowie auf die Anlage zu seinem Schreiben zur Finanzierung der Studierendenwerke abgegeben. Wir argumentieren gegen eine Landeszentrale BAföG-Verwaltung, gegen die Idee von Fusionen einzelner Studierendenwerke und erinnern an die Rolle der Studierendenwerke als Träger der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dies scheint insbesondere bei den Überlegungen des Landesrechnungshofs zum Thema Wohnheime und Verpflegungsbetriebe aus dem Blick geraten zu sein.

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Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks zur Prüfungsmitteilung des Rechnungshofs Baden-Württemberg aus dem April 2018 sowie zur Anlage zum Schreiben des Rechnungshofs Baden-Württemberg vom 09.04.2018 „Finanzierung der Studierendenwerke“ – Az.: I 1409Q00200-1301.14 und I 1409Q00200-1301.15

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Dachverband der 58 Studentenwerke in Deutschland und nimmt außerdem satzungsgemäß sozialpolitische Belange der Studierenden der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden zur Prüfungsmitteilung des Rechnungshofs Baden-Württemberg „Finanzierung der Studierendenwerke“ aus dem April 2018 sowie zur Anlage zum Schreiben des Rechnungshofs vom 9.4.2018 Stellung.

Diese Stellungnahme erfolgt auf Bitte der Arbeitsgemeinschaft Süd-West (Studierendenwerke Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim und Stuttgart in Baden-Württemberg) und ergänzt deren Stellungnahme aus überregionaler Sicht.

Mit unserer Stellungnahme folgen wir der Gliederung der Anlage zum Schreiben des Landesrechnungshofs vom 9.4.2018, Ziffer 2 Prüfungsergebnisse.

 

Zu Ziffer 1 Ausgangslage

Der Landesrechnungshof sieht die mit der Novellierung des Studentenwerksgesetzes von 1999 seitens des Gesetzgebers formulierten Erwartungen hinsichtlich der Reduzierung der Landeszuschüsse und der Beitragszahler nur teilweise erfüllt. Das DSW kann diese Aussage nicht nachvollziehen, zumal der LRH im gleichen Absatz feststellt, dass „das unternehmerische Geschick der neu berufenen Geschäftsführer an fast allen Standorten zu beachtlichen Jahresergebnissen“ führte.

Im Zeitraum 2001 bis 2016 sind sowohl die Studierendenzahlen als auch die Umsatzerlöse der Studierendenwerke erheblich gestiegen, relativ um 86% und absolut von rund 103 Mio. Euro auf rund 192 Mio. Euro. Die Landeszuschüsse zum laufenden Betrieb sind demgegenüber im gleichen Zeitraum mit rund 21,7 Mio. Euro im Jahr 2016 gegenüber rund 21,9 Mio. Euro im Jahr 2001 absolut nahezu konstant geblieben. Trotz einer Erhöhung 2016 liegen die Landeszuschüsse unter dem Niveau der Jahre 2001 bis 2004, relativ ist ihr Anteil an den Gesamteinnahmen der Studierendenwerke entsprechend erheblich gesunken. Insoweit sind die damaligen Erwartungen angesichts der erheblichen Leistungssteigerung von 86 % übererfüllt worden.

 

Zu Ziffer 2.1 Ausbildungsförderung

Der Landesrechnungshof schlägt eine Konzentration der Antragsbearbeitung bei nur noch einem Studierendenwerk vor, bei den anderen Studierendenwerken soll nur noch die Beratung und Entgegennahme der Anträge stattfinden, analog zur „Bürgertheke“ bei den Finanzämtern. Darüber hinaus sollen der Personalbedarf an die Werte des Normenkontrollrats angepasst sowie das IT-Verfahren optimiert werden.

Das Deutsche Studentenwerk teilt diesen Vorschlag zur Konzentration nicht. Das vom Normenkontrollrat formulierte Ziel „Einfacher zum Studieren-BAföG“ würde durch eine landeszentrale BAföG-Verwaltung bei einem Studierendenwerk in Baden-Württemberg komplett konterkariert, ebenso wenig würden die seitens des Landesrechnungshof benannten Effizienzgewinne realisiert, beides aus den unterschiedlichsten Gründen.

Studierende wünschen sich und benötigen vor allem aufgrund ihrer engen Finanzsituation eine schnelle Bearbeitung ihrer Anträge. Dies ist nur dezentral im unmittelbaren Zusammenwirken zwischen Hochschule und BAföG-Amt vor Ort möglich, denn angesichts einer Vielzahl von individuell von Hochschule zu Hochschule unterschiedlichen Studiengängen (landesweit über 2.600) können BAföG-Leistungsnachweise oder die BAföG-Förderungshöchstdauer nur mit einschlägigen Fachkenntnissen vor Ort beurteilt werden. Diese Kenntnis wird künftig sogar noch erforderlicher, da die Landesregierung neue, hochschulrechtlich mögliche Studienmodelle in unterschiedlichen Geschwindigkeiten fördert und insoweit die Zahl der Studiengänge eher noch zunehmen wird.

Im Übrigen kann hier der Verweis des LRH auf die BAföG-Auslandsämter nicht nachvollzogen werden, denn die auch vom Normenkontrollrat oftmals beklagte lange, zum Teil unzumutbare Bearbeitungsdauer, ist insbesondere in der Ferne zu den einzelnen Hochschulen begründet.

Im Hinblick auf die ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel müsste der Rechnungshof insbesondere ein Interesse an der Vermeidung von Leistungsmissbrauch haben. Dies ist im Zusammenwirken vor Ort insoweit einfach zu regeln, als die Sachbearbeiter/innen die Unterschriften der Lehrkörper, die auf Seiten der Hochschulen für die Erteilung des BAföG-Leistungsnachweises zuständig sind, zuordnen können.

Die vorgeschlagene „Bürgertheke“ ist schon jetzt zum Teil in Form sogenannter Info-Points Realität. Die Info-Points erfordern im Back-Office jedoch einschlägig qualifiziertes Personal. Mit der derzeitig praktizierten dezentralen Lösung der BAföG-Bearbeitung durch alle Studierendenwerke in Baden-Württemberg können in den Info-Points auch nicht BAföG-Sachbearbeiter/innen eingesetzt werden. Für eine meist erforderliche vertiefte Beratung können sie dann BAföG-Sachbearbeiter/innen vor Ort hinzuziehen. Bei einer zentralen Lösung ist dies nur möglich, sofern die Berater/innen zugleich BAföG-Sachbearbeiter/innen sind. Nur so kann eine sorgfältige Beratung entsprechend den sich aus §§ 13-15 SGB I sowie § 41 Abs. 3 BAföG ergebenden gesetzlichen Pflichten hinsichtlich der Aufklärung, Beratung, Auskunft – auch bzgl. anderer Sozialleistungen – gewährleistet werden. Im Grunde müsste bei einer zentralen Lösung daher eine doppelte Personalstruktur aufgebaut und vorgehalten werden. Zugleich würden zusätzlich Kosten durch die erforderlichen kontinuierlichen Schulungsmaßnahmen aus der Verpflichtung heraus entstehen, sich jeweils auf dem neuesten Stand zu halten.

Mit den seit 2008 stark gestiegenen Studierendenzahlen, aber auch aufgrund rechtlicher Regelungen wie u.a. der Anforderungen des BMBF an die BAföG-Ämter, ist der Aufwand in diesen in den letzten 10 Jahren erheblich gestiegen. Damit hat sich der heutige Verwaltungsaufwand gegenüber dem Erhebungszeitpunkt 2009 des Statistischen Bundesamtes für die Normenkontrollrat-Studie „Einfacher zum Studierenden-BAföG“ erheblich gesteigert, sodass die damalige Studie nur sehr eigeschränkt als Grundlage für die vom Landesrechnungshof vermuteten Effizienzgewinne herangezogen werden kann.

Letztlich unterschätzt der Landesrechnungshof im Hinblick auf die Einsparung von Personal über eine Zentralisierung den tatsächlichen „Zeitaufwand für Einführungs- und Anpassungsfortbildung aufgrund der schwierigen Rechtsmaterie“ (S. 57 Prüfmitteilung). Aus Sicht des DSW, das entsprechende Qualifikationsangebote für seine Mitglieder laut Satzung vorhält, kann die für den Fall einer Zentralisierung in Aussicht gestellte signifikante Erhöhung der Fallbearbeitungszahlen angesichts der inzwischen komplexen Materie nicht realisiert werden.

 

Zu Ziffer 2.2 Studentisches Wohnen

Das DSW begrüßt den Vorschlag des Landesrechnungshofs, die Wohnheimförderung, insbesondere durch Überlassung kostengünstiger Grundstücke und durch staatliche Zuschüsse für den Wohnheimbau (aktuell 8.000 Euro/Platz) fortzuführen. Dies wird der Aufgabenstellung der Studierendenwerke als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht, zumal die Fortführung der Wohnheimförderung aufgrund des Mangels an bezahlbarem Wohnraum für eine wachsende Zahl von Studierenden zwingend erforderlich ist.

Das DSW teilt dagegen jedoch nicht den Vorschlag, die Wohnheimmieten um 10 Euro zu erhöhen, um einen Deckungsbeitrag für die übrigen sozialen Aufgaben zu erwirtschaften. Dies begründet der LRH insbesondere damit, dass nicht ausschließlich bedürftige Studierende von der Unterbringung im Wohnheim profitieren würden.

Die Wohnangebote der Studierendenwerke richten sich gemäß ihrer Belegungs-Richtlinien vornehmlich an Studierendengruppen mit besonderem Bedarf (insbesondere Studierende mit geringen Einnahmen, Studierende mit Behinderung, Familien, alleinerziehende Studierende mit Kind, ausländische Studierende), die nur schwer auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt eine Wohnung finden. Zugleich ermöglichen die Studierendenwerke entsprechend ihrem Auftrag vor allem Studienanfängern den Einstieg in das Studium. Da seit langem konstant über 50% der Studierenden hoher oder gehobener Herkunft entstammen und über 80% der Studiengänge im Wintersemester beginnen, sind auch viele (vermeintlich wohlhabendere) Studierende zu Studienbeginn mangels Alternative auf das Wohnheim angewiesen. Entsprechend nimmt die Zahl der in Wohnheimen wohnenden Studierenden nach den - insoweit auch der aktuellen 21. - Sozialerhebungen mit fortschreitendem Alter kontinuierlich ab. Damit korrespondiert die durchschnittliche Verbleibdauer im Wohnheim von 1 bis 1,5 Jahren.

Wohnheime der Studierendenwerke stellen darüber hinaus mehr als eine Unterkunft dar. Sie sind ein entscheidender Faktor, damit Studieren gelingt, sie bieten Wohnen in unmittelbarer Nähe zur Hochschule, sie sind zugleich Orte und Garanten der sozial-akademischen Integration. Die Studierendenwerke halten deshalb Tutoren sowie Betreuungsangebote vor. Und die Wohnheime müssen im Hinblick auf die Integration vergleichbar einer sozialen - Gentrifizierung und Segregation vermeidenden – Stadt(teil)entwicklungspolitik Ghettoisierung verhindern, stattdessen vielmehr eine adäquate soziale und ethnische Durchmischung realisieren. Entsprechend müssen die Studierendenwohnheime für alle Gruppen offen sein, nicht nur für arme und ausländische Studierende.

Der Vorschlag des Landesrechnungshofs, die Mieten mit dem Ziel der Erwirtschaftung eines Deckungsbeitrags zur Finanzierung anderer sozialer Aufgaben zu erhöhen, würde darüber hinaus aufgrund steuerrechtlicher Parameter den Studierendenwerken erheblich zum Nachteil gerieren. Er ist daher nicht praktikabel und abzulehnen. Der Zweck der Studierendenwerke besteht u.a. in der Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums für Studierende. Deckungsbeiträge sind entsprechend der an der II. Berechnungs-Verordnung angelehnten Kalkulation der Mieten zu erwirtschaften, sie dienen jedoch ausschließlich zur Sicherung des Substanzerhalts.

Wohnheime werden zudem steuerlich als gemeinnützige Betriebe gewerblicher Art (BgA) geführt. Dem Vorschlag des Landesrechnungshofs steht entgegen, dass die Möglichkeit der Quersubventionierung zwischen gemeinnützigen BgA durch steuerrechtliche Vorgaben seitens der Finanzverwaltung erheblich eingeschränkt, wenn nicht gar gänzlich ausgeschlossen ist und zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen kann.

Letztlich nicht zielführend ist die Feststellung des Landesrechnungshofs, die Mietpreise der Studierendenwerke lägen unter Marktpreis. Als Träger der öffentlichen Daseinsvorsorge haben die Studierendenwerke ja gerade den Auftrag preisgünstigen Wohnraum sicherzustellen. Insofern bewegen sich die Quadratmeter-Preise der Studierendenwohnheime bei einer Betrachtung des gesamten Wohnungsmarkts völlig im Rahmen. Hier können auf Gewinn zielende private Anbieter studentischen Wohnraums mit Mieten i.d.R. ab 400 Euro aufwärts, wohlgemerkt bei einem BAföG-Höchstsatz sowie einer elterlichen Unterhaltsverpflichtung von 735 Euro einschließlich der Wohnbedarfspauschale in Höhe von 250 Euro, keinen Maßstab für die STW darstellen.

 

Zu Ziffer 2.3 Verpflegungsbetriebe

Im Hinblick auf die Verpflegungsbetriebe schlägt der Landesrechnungshof die Schließung von nicht notwendigen und stark defizitären Einrichtungen vor, darüber hinaus vollkostendeckende Preise gegenüber Mitarbeiter/innen und Gästen sowie die sofortige Weitergabe von gestiegenen Warenkosten und Personalaufwendungen an die Kunden. Die Schließung nicht notwendiger Betriebe kann durchaus in Betracht gezogen werden, allerdings ist die Notwendigkeit jeweils durch das MWK zu bestimmen.

Die Forderung nach der Schließung dauerdefizitärer Betriebe sowie die Weitergabe von Kostensteigerungen an Studierende und Gäste widersprechen jedoch dem gesetzlich vorgegebenen Auftrag der Studierendenwerke. Demnach nehmen die Studierendenwerke nach dem LHG und dem STWG gesetzlich die Aufgabe der sozialen Förderung der Studierenden wahr, insbesondere durch den Betrieb von Verpflegungsbetrieben.

Als Träger der öffentlichen Daseinsvorsorge haben die Studierendenwerke daher bedarfsorientiert und nicht gewinnorientiert zu agieren. Zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört im Übrigen auch die Sicherung einer vergleichbaren Versorgung der Studierenden an allen, also auch an kleinen Standorten. Damit korrespondiert auch die Zuständigkeit der Studierendenwerke für mehrere Hochschulen, unabhängig von der Größe, wovon die Hochschulen im Übrigen entgegen den Ausführungen des LRH im Wettbewerb profitieren. Denn die von den Studierendenwerken bereitgestellte soziale und wirtschaftliche Infrastruktur stärkt das Profil der jeweiligen Hochschule. Würde jene aus Gründen der Unrentabilität reduziert oder gar eingestellt, dann würde dies zugleich einen unmittelbaren Standortnachteil für diese Hochschulen bedeuten.

Studierendenwerke als Teil der Öffentlichen Daseinsvorsorge können im Übrigen gar nicht vollständig kostendeckend agieren: rund 40% des Jahres zeichnen sich aufgrund der vorlesungsfreien Zeit nur durch eine eingeschränkte Nachfrage aus, die Studierendenwerke sollen jedoch im Rahmen ihres Auftrages möglichst Kapazitäten für eine potenzielle Vollauslastung vorhalten.

Als Ausgleichslösung für die eingeschränkte Nachfrage schränken die Studierendenwerke ihre Öffnungszeiten temporär ein oder reduzieren das Angebot an warmen Speisen.

Zudem kompensiert die Versorgung von Bediensteten der Hochschulen die schwankende Nachfrage seitens der Studierenden. Der Vorschlag des Landesrechnungshofs, die Preise für Nichtstudierende sollten sich an Marktpreisen orientieren, geht an der ökomischen Realität vorbei: die Preisdifferenzierung für Bedienstete und Gäste erlaubt höhere Deckungsbeiträge, die wiederum in die Subventionierung der Studierendenessen weitergegeben werden können. Preiserhöhungen unterliegen aufgrund des Wechselspiels von Angebot und Nachfrage jedoch einer eingeschränkten Preiselastizität. Höhere Preise führen zu Umsatzrückgang und insoweit zu geringeren Deckungsbeiträgen mit der Folge notwendiger Preiserhöhungen auch für die Studierendenessen, sodass die Studierenden letztendlich das Nachsehen hätten.

Zum Auftrag innerhalb der staatlichen Daseinsvorsorge und insoweit der mittelbaren Förderung der Studierenden gehört die Sicherung der Chancengleichheit, u.a. über die Bereitstellung eines preisgünstigen, qualitativ hochwertigen Essens für Studierende. Kein Studierender darf durch hohe Essenspreise von der Mensaverpflegung und möglicherweise gar aufgrund hoher Kosten, z.B. hoher Semesterbeiträge, vom Studium ausgeschlossen werden.

Mensen erfüllen darüber hinaus eine bildungspolitische Aufgabe, die über die (Grund)Versorgung der Studierenden mit Essen hinausreicht und der Erwirtschaftung von Erträgen entgegensteht. Die hochschulgastronomischen Einrichtungen der Studierendenwerke dienen während z.T. kurzer Vorlesungspausen als Aufenthalts-, Arbeits- bzw. Erholungsräume ohne Verzehrzwang.

Der Landesrechnungshof stellt zu Recht einen leichten Rückgang der jeweiligen Essenszahlen auf 30 Essen/Jahr/Studierenden fest, ohne jedoch die diesem Rückgang zugrundeliegenden Ursachen heranzuziehen: Im Zuge der mit der Einführung von Bachelor und Master einhergegangenen Umstrukturierung und Modularisierung der Studiengänge, haben sich die Pausenzeiten für Studierende stark verkürzt. Da zugleich die Zahl der Studierenden ohne vergleichbares Wachstum der Kapazitäten der Hochschulgastronomie erheblich zugenommen hat, werden die Warteschlangen in den knappen Pausenzeiten zunehmend länger.  Viele Studierende müssen daher auf Angebote der Zwischenverpflegung in den Cafeterien der Studierendenwerke ausweichen, die jedoch in der Erhebung des Landesrechnungshofs unberücksichtigt bleiben. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Ergebnissen der 21. Sozialerhebung wider, wonach viele der nicht in der Mensa essenden Studierenden dies mit fehlender Zeit begründen.

 

Zu Ziffer 2.4 Soziale Aufgaben und 2.5 Verzicht auf freiwillige Aufgaben

Hierzu schlägt der Landesrechnungshof eine Orientierung am studentischen Bedarf vor und darauf zu verzichten, Plätze für Kinder von Mitarbeiter/innen, Bediensteten und sonstigen vorzuhalten. Sofern die Kommune das Vorhalten von Plätzen für fremde Kinder verlangen sollte, erwartet der Landesrechnungshof von dieser eine volle Kostenerstattung.

Für die Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung schlägt der Landesrechnungshof einen maßvollen Eigenanteil in Höhe von ca. 10 Euro vor. Auf freiwillige Beratungsangebote wie Rechtsberatung sollte verzichtet werden, da dieses über andere Angebote (z.B. Beratungshilfe) abgedeckt sei.

Entgegen dieser Auffassung des Landesrechnungshofs weist das DSW darauf hin, dass die Soziale Betreuung in § 2 STWG vorgesehen ist, benannt sind insbesondere Kinderbetreuung, Förderung von Kultur sowie Gesundheitsförderung und Beratung. Zudem beinhaltet § 2 Absatz 5 STWG eine Öffnungsklausel, wonach auch Nichtstudierende zu einer Einrichtung der Studierendenwerke zugelassen werden können, wenn dieses vereinbar ist. Davon machen Studierendenwerke Gebrauch, insbesondere um Kapazitäten, wenn möglich, auszuschöpfen und – wie vom Landesrechnungshof an anderer Stelle vorgeschlagen – zusätzliche Deckungsbeiträge zu erwirtschaften

Auch hat sich die hochschulnahe, auf die Studierenden zugeschnittene Beratung der Studierendenwerke bewährt. Der Landesrechnungshof weist sicher nicht zu Unrecht auf das auch außerhalb der Studierendenwerke zu findende Angebot hin, verkennt dabei aber den durch die Studierendenwerke garantierten besonderen Zuschnitt entsprechend der Bedarfe von Studierenden, die durch andere Institutionen aufgrund des fehlenden Verständnisses für die besondere Situation von Studierenden nicht oder nur unzureichend erbracht werden können. Der Landesrechnungshof verkennt hier auch die spezifische Kompetenz bzw. das darin bestehende Alleinstellungsmerkmal der Studierendenwerke, als einziger Anbieter den Studierenden ein Angebot rund um das Studium aus einer Hand vorhalten zu können.

 

Zu Ziffer 2.6 Effiziente Strukturen

Zur Steigerung der Effizienz schlägt der Landesrechnungshof die Fusion einzelner Studierendenwerke, letztlich mittelfristig die Bildung von drei Studierendenwerken in Baden-Württemberg, vor.

Die vom Landesrechnungshof skizzierten möglichen Einsparungseffekte sieht das DSW nicht als gegeben. Vielmehr haben die Fusionen in anderen Bundesländern gerade diese Effekte nicht erbracht. Zudem wünschen sich die einzelnen Hochschulen zur eigenen Profilierung eine enge Nähe zum jeweiligen Studierendenwerk; diese wäre jedoch über eine Zuständigkeit eines Studierendenwerks für viele Hochschulen nicht (mehr) sicherzustellen.

 

Zu Ziffer 2.7 Künftige Finanzierung

Im Hinblick auf die künftige Finanzierung schlägt der Landesrechnungshof vor, mehr Investitionen unter Verweis auf die hohen Rücklagen aus dem Eigenkapital zu tätigen, die Finanzhilfe zu reduzieren und die der Semesterbeiträge zu erhöhen.

Wie unter Ziffer 1 aufgezeigt, ist die Finanzhilfe trotz gestiegener Studierendenzahlen (fast 70 % zwischen 2001 und 2016) in 2016 nicht höher als im Jahr 2001. Das vom Gesetzgeber geforderte wirtschaftliche Handeln ist insoweit mehr als realisiert. Zudem bedeutet ein Antasten des Eigenkapitals Substanzverzehr zu Lasten der Studierendenwerke – es ist geradezu erstaunlich, dass dies vom Landesrechnungshof vorgeschlagen wird, der grundsätzlich ein Interesse an Substanzerhalt –  auch bei den Landesanstalten – zeigen muss.

Der Vorschlag des Landesrechnungshofs, die Rücklagen zugunsten der Finanzhilfe anzutasten, ist nicht neu und wurde bereits von anderen Rechnungshöfen unterbreitet. Zunächst ist dazu anzumerken, dass die Rücklagen zweckgebunden zum Substanzerhalt gebildet werden müssen, wie es auch die Grundlagen für die Wohnheimmietenkalkulation und handelsrechtliche Bestimmungen vorgeben. Darüber hinaus ist der Einspareffekt marginal: die Rücklagen betragen unter 8000 Euro pro Wohnheimplatz – davon kann kein Wohnheimplatz saniert werden.

 

Berlin, 24. Mai 2018

Achim Meyer auf der Heyde
Generalsekretär