08.05.2011

Hochschulpolitik

Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks zum Gesetzentwurf der Landesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes

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1. Vorbemerkung

Das Deutsche Studentenwerk wurde vom Thüringer Landtag gebeten, zu dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes (Drs. 5/2413) schriftlich Stellung zu nehmen.

 

Das Deutsche Studentenwerk nimmt als Dachverband der 58 Studentenwerke in Deutschland satzungsgemäß die Interessen der Studentenwerke sowie die sozialpolitischen Belange der Studierenden der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes Stellung, soweit das Gesetz die Arbeit des Studentenwerks Thüringen bzw. sozialpolitische Belange der Studierenden an den Thüringer Hochschulen betrifft.

 

2. Ziel der Gesetzänderung

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen
 

  • die Mittel aus dem gemeinsamen Bund-Länder-Programm ausschließlich für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre genutzt und aufgrund des Mittelaufwuchses mögliche kapazitätswirksame Auswirkungen an den Hochschulen zur zusätzlichen Aufnahme von Studierenden ausgeschlossen werden. Dies betrifft insbesondere postgraduale, konsekutive und weiterbildende Studiengänge – insbesondere Masterstudiengänge.
     
  • das sogenannte dialogorientierte Serviceverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung im Thüringischen Hochschulzulassungsgesetz verankert werden.

3. Grundsätzliche Einschätzung des Gesetzentwurfs

Das Deutsche Studentenwerk hat sich bereits mehrfach
 

  • für eine Beibehaltung der Regelung der Hochschulzulassung im Hochschulrahmengesetz ausgesprochen. Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse sind die letzten beiden verbliebenen Regelungskompetenzen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz im Rahmen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 Grundgesetz. Da die Bundesländer davon abweichende Regelungen treffen können, hält das DSW länderübergreifend Mindeststandards in den beiden Regelungsbereichen für erforderlich.
     
  • für ein Überdenken des durch die Föderalismusreform ausdrücklich geregelten Kooperationsverbots im Bildungsbereich mit dem Ziel eingesetzt, eine weitergehende gemeinsame Bildungsfinanzierung von Bund und Ländern zu ermöglichen.

Das Deutsche Studentenwerk begrüßt daher die mit dem Gesetzentwurf verfolgten Zielsetzungen.

 

4. Änderungsvorschläge im Einzelnen

Der vorliegende Gesetzentwurf gibt auch Anlass zu prüfen, inwieweit das Thüringer Hochschulzulassungsgesetz weitere Mindeststandards normieren sollte.

 

4.1. Zugang zum Master

Mit § 7a des Entwurfs wird die Zulassung in postgradualen, konsekutiven und weiterbildenden Studiengängen geregelt, wobei auf die in § 6 Abs. 5 Satz 2 bereits geregelten Auswahlmaßstäbe der Hochschulen im örtlichen Auswahlverfahren verwiesen („in Anlehnung an die Regelung“) wird.


Diese sind
 

  1. in der Hochschulzugangsberechtigung ausgewiesene Leistung in studiengangspezifischen Fächern
  2. Studiengangspezifische Berufsausbildung oder einschlägige Berufstätigkeit
  3. Motivations- oder Leistungserhebungen in schriftlicher Form zu studiengangbezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten,
  4. fachspezifische Zusatzqualifikationen und außerschulische Leistungen, die über die Eignung für den betreffenden Studiengang besonderen Aufschluss geben können,
  5. das Ergebnis eines Auswahlgesprächs, in dem Motivation und Eignung für das gewählte Studium und für den angestrebten Beruf festgestellt werden; über das Auswahlgespräch ist eine Niederschrift zu fertigen,
  6. das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests.

Diese Regelungen passen aus Sicht des Deutschen Studentenwerks nicht auf Masterstudiengänge, zudem spricht es sich für eine breite Durchlässigkeit vom Bachelor zum Master aus. Aufgrund der – noch nicht vollständig abgeschlossenen - Studienstrukturreform und der damit verbundenen Umstellungen sollten Masterstudiengänge für eine lange Übergangszeit Optionen für eine den Diplom-/Magisterstudiengängen gleichwertige Ausbildung eröffnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen Bachelor und Masterstudium eine - bildungspolitisch gewollte - mehr oder weniger lange Phase der Berufstätigkeit liegen kann, auf die die in § 6 Abs. 5 genannten Kriterien kaum anzuwenden sind.

 

4.2. Dialogorientiertes Serviceverfahren

§ 13 des Gesetzentwurfs sieht vor, dass die Hochschulen Zulassungsanträge über das dialogorientierte Serviceverfahren der Stiftung Hochschulzulassung gegen Erstattung der entstehenden Kosten entgegennehmen zu lassen. Diese Kosten dürfen nicht den Studienbewerbern aufgebürdet werden. Im Hochschulzugangsgesetz sollte daher eine Klarstellung erfolgen, dass entsprechende Kosten weder auf Studienbewerber noch auf immatrikulierte Studierende umgelegt werden dürfen, um keine zusätzlichen Hürden zum Studium zu errichten.

 

4.3. Nachteilsausgliche für Studienbewerber mit Behinderung und/oder chronischer Krankheit

Das Deutsche Studentenwerk vermisst im Hochschulzulassungsgesetz darüber hinaus Regelungen zu Nachteilsausgleichen für Studienbewerberinnen und –bewerber mit Behinderung oder chronischer Krankheit, die diesen einen chancengleichen Zugang zum Hochschulsystem ermöglichen. Diese sind umso mehr erforderlich, als mit der Einführung neuer hochschuleigener Auswahlverfahren und –kriterien nach Wahrnehmung des DSW eine ganze Reihe neuer Barrieren und Benachteiligungen behinderter Studienbewerber/innen entstanden sind.

 

Daher sollte der Gesetzentwurf um folgende Regelungen ergänzt werden:
 

  • § 3 Nachteilsausgleich des bestehenden Hochschulzulassungsgesetzes sollte ergänzt werden um eine Ziffer 5. auf Grund einer Behinderung oder chronischer Krankheit..
     
  • Die Zulassungssatzungen der Hochschulen zu grundständigen wie postgradualen, konsekutiven und weiterbildenden Studiengängen sollten zwingend Regelungen zum Nachteilsausgleich enthalten. § 6 Abs. 6 sowie der neu zu schaffende § 7a sollten wie folgt ergänzt werden: „In den Satzungen für die Vergabe von Studienplätzen ist sicherzustellen, dass für behinderte Studienbewerberinnen und Studienbewerber geeignete Maßnahmen des Nachteilsausgleichs hinsichtlich der Auswahlkriterien wie der Auswahlverfahren ergriffen werden. Die oder der Behindertenbeauftragte der Hochschule (§ 5 Abs. 5 ThürHG) ist beim Erlass der Satzungen und auf ihr oder sein Verlangen auch bei der Durchführung der Maßnahmen zur beteiligen.“
     
  • Eine krankheits- bzw. behinderungsbedingt notwendige Ortsbindung sollte als zusätzliches Härtekriterium aufgenommen werden. Nach § 6 Abs. 3 Satz 5 sollte folgender Satz 6 eingefügt werden: „Eine außergewöhnliche Härte kann auch durch eine zwingende behinderungsbedingte Ortsbindung begründet sein.“

 

Berlin, 9. Mai 2011

 

Achim Meyer auf der Heyde

Generalsekretär