19.09.2022

Stellungnahme

Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks (DSW) zum Referentenentwurf des Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus des Freistaats Sachsen für ein Zweites Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Bestimmungen

DSW-Stellungnahme zum Entwurf des sächsischen Wissenschaftsministeriums zur Neufassung des Sächsischen Hochschulgesetzes

Das sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus hat einen Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Bestimmungen vorgelegt. In dem beabsichtigten neuen Sächsischen Hochschulgesetz sind auch die Angelegenheiten der sächsischen Studentenwerke geregelt. Das DSW hat zu dem Entwurf am 20. September 2022 eine Stellungnahme abgegeben. Wir fordern dabei, die Novellierung zu nutzen, um angemessene Rahmenbedingungen für die effiziente Arbeit der Studentenwerke sicherzustellen. Dies betrifft konkret etwa das Reduzieren staatlicher Zustimmungserfordernisse, die Festschreibung einer bedarfsgerechten Finanzierung und das Sicherstellen der erforderlichen Nutzung von Liegenschaften. Im Bereich der sozialen Belange der Studierenden regen wir an, auf die nach dem Landesrecht weiter möglichen Langzeitstudiengebühren zu verzichten. Für Studierende mit Behinderung sollten außerdem weitere spezielle Regelungen ergänzt werden.

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Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Dachverband der 57 Studenten- und Studierendenwerke in Deutschland und nimmt außerdem satzungsgemäß sozialpolitische Belange der Studierenden der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden zu dem o.g. Referentenentwurf Stellung, soweit dies die Arbeit der sächsischen Studentenwerke und einzelne Aspekte sozialpolitischer Belange der Studierenden betrifft.

 

Allgemeine Anmerkungen

In der Begründung des Referentenentwurfs heißt es (S. 102): „Mit dem Gesetz sollen die sächsischen Hochschulen noch besser befähigt werden, ihre Aufgaben in Lehre, Studium, Forschung und Transfer im nationalen und internationalen Wettbewerb wahrnehmen zu können und ihren Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs in Sachsen zu leisten. Dafür sollen die Aufgaben der Hochschulen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Verantwortung aktualisiert und die Kompetenzen der Hochschulorgane teils neu justiert werden.“

Die Novellierung sollte aus Sicht des DSW genutzt werden, um die im vorgesehenen Hochschulgesetz auch geregelten Angelegenheiten der Studentenwerke ebenfalls zu modernisieren und dadurch angemessene Rahmenbedingungen für deren effiziente Arbeit sicherzustellen. Denn starke Hochschulen brauchen zur Erreichung ihrer Ziele starke Studentenwerke als Partner, um den Bedürfnissen der Studierenden entsprechen zu können. Die erfordert einerseits institutionelle und finanzielle Stabilität und andererseits hinreichende Autonomie. Gleichfalls gilt es, im Gesetz soziale Belange der Studierenden ausreichend zu berücksichtigen.

 

1. Enges Zusammenwirken zwischen Studentenwerken und Hochschulen gesetzlich abbilden

Im neu vorgesehenen § 117 des Gesetzes über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (im Folgenden: SächsHSG-E) ist gemäß Abs. 4 S. 1 Aufgabe der Studentenwerke: „[…] die soziale, wirtschaftliche, gesundheitliche und kulturelle Betreuung und Förderung der Studentinnen und Studenten, insbesondere durch den Betrieb von Studentenwohnheimen und Verpflegungseinrichtungen.“ Mit diesen Leistungen unterstützen sie den Studienalltag aller Studierenden, ermöglichen das Studium u.a. für Studierende in besonderen wirtschaftlichen und familiären Situationen und sichern damit den Studienerfolg. Um auf die Bedarfe und Bedürfnisse der Studierenden adäquat reagieren zu können, ist eine kontinuierliche Abstimmung mit den Hochschulen unerlässlich. Dies gilt beispielsweise für die Ausrichtung von Öffnungszeiten der Verpflegungsbetriebe und Kinderbetreuungsangebote am Lehrbetrieb der Hochschulen. Die Zusammenarbeit zwischen Studentenwerken und Hochschulen geht deutlich über die in § 117 Abs. 6 SächsHSG-E geregelte Übermittlung von Studierendendaten hinaus.

Dieses in der Praxis enge Zusammenwirken sollte auch vor dem Hintergrund der umsatzsteuerlichen Anforderungen im Gesetz abgebildet werden. Denn die Leistungen der gemeinnützigen Studentenwerke sind mehrheitlich von der Umsatzsteuer befreit oder umsatzsteuerbegünstigt. So ergibt sich u.a. die Umsatzsteuerfreiheit von Verpflegungsleistungen aus der deutschen Regelung des § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG, die auf Regelungen des europäischen Rechts für bestimmte, dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistungen rekurriert. Diese Steuerbefreiung bezweckt eine wirtschaftliche Entlastung der Studierenden selbst bzw. derjenigen Personen und Institutionen, die tatsächlich mit den Kosten des Hochschulunterrichts belastet sind. Würde diese Befreiung nicht bestehen, würden sich die Leistungen der Studentenwerke für die Studierenden verteuern bzw. der Zuschussbedarf des jeweiligen Studentenwerks und damit der Haushaltsaufwand des Landes steigen. Es sollte somit beispielsweise § 5 SächsHSG-E durch eine Regelung ähnlich § 3 Abs. 10 Hessisches Hochschulgesetz ergänzt werden: „Die Hochschulen wirken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben untereinander und mit anderen Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie den Studentenwerken eng zusammen.“

 

2. Wirtschaftlich zweckmäßige weitere Aufgaben ermöglichen

§ 117 Abs. 7 SächsHSG-E sieht vor, dass die Studentenwerke mit Genehmigung des Staatsministeriums bestimmte weitere Aufgaben übernehmen können, soweit dies wirtschaftlich zweckmäßig und die Finanzierung gesichert ist. Es bietet sich an, diese Öffnungsklausel weiter zu flexibilisieren, um im Einzelfall ggf. Zusatzeinnahmen generieren zu können, welche sich letztlich positiv auf die Finanzierungssituation der Studentenwerke und damit auch auf die Erfüllung der nach dem Gesetz bestehenden Kernaufgaben der Förderung der Studierenden auswirken können. Dies kann sich beispielsweise in Bezug auf Leistungen auch für Studierende privater Hochschulen anbieten. Die betreffende Regelung könnte daher etwa ähnlich wie § 2 Abs. 2 S. 1 Studierendenwerksgesetz Berlin umfassender gefasst werden: „Die Studentenwerke können ihre Einrichtungen und Dienstleistungen auch anderen Angehörigen der betreuten Hochschulen, Angehörigen anderer Bildungseinrichtungen, den Beschäftigten der Studentenwerke sowie Dritten zur Verfügung stellen, soweit dadurch die Erfüllung der Aufgaben gemäß den Absätzen 4 und 5 nicht beeinträchtigt wird und die Finanzierung gesichert ist. Dies gilt etwa für die Kantinenversorgung von Landesbediensteten, Schülerinnen und Schülern sowie den Betrieb von Kindertagesstätten für die Hochschulen.“

 

3. Staatliche Zustimmungserfordernisse reduzieren

In § 119 Abs. 3 S. 2 SächsHSG-E wäre weiterhin vorgesehen, dass in einer Reihe von Angelegenheiten Beschlüsse des Verwaltungsrats nicht nur der Zustimmung des Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus bedürfen, sondern zusätzlich auch des Staatsministeriums der Finanzen. Dies soll beispielsweise gelten für die „Zustimmung zu den Rahmenregelungen für die Vergabe von Sozialdarlehen an bedürftige Studentinnen und Studenten […]“. Gleiches gilt nach Abs. 5 S. 4 für die Regelung des Beschäftigungsverhältnisses der Geschäftsführung sowie nach § 120 Abs. 1 S. 5 SächsHSG-E für Regelungen zur Wirtschaftsführung und nach Abs. 4 für von den Tarifregelungen des Freistaates Sachsen abweichende Vereinbarungen mit Beschäftigten.

Dass in solchem Umfang Angelegenheiten einer zusätzlichen Zustimmung des Finanzministeriums bedürfen, ist ungewöhnlich und keine optimale Grundlage für effiziente Prozessabläufe. Wir empfehlen, hier dem Ressortprinzip folgend allein ein Zustimmungserfordernis des Wissenschaftsministeriums festzuschreiben. 

 

4. Bedarfsgerechte Finanzierung der Studentenwerke festschreiben und dabei Planungssicherheit ermöglichen

Die Leistungserbringung durch die Studentenwerke erfordert eine hinreichende Finanzierung. Der staatliche Finanzierungsanteil der 16 Bundesländer für ihre Studentenwerke lag 2019 bei nur 8,7 % ihrer Einnahmen, und damit auf einem ähnlichen tiefen Niveau wie in den Jahren zuvor. Lediglich 2020 bzw. 2021 ist er – bedingt durch die Corona-Situation – auf 10,9 bzw. 11,0 % gestiegen. Anfang der 1990er Jahren trugen die Länder noch mit rund 24 % zu den Einnahmen der Studentenwerke bei. Aus Sicht des DSW ist es sinnvoll, im Gesetz festzuschreiben, dass das Land eine „bedarfsgerechte Finanzierung sicherstellt.“  

§ 120 Abs. 1 S. 8 SächsHSG-E sieht vor: „Die Staatsregierung kann in einer Vereinbarung mit den Studentenwerken die insgesamt auf die Studentenwerke entfallende Höhe der Zuschüsse für mehrere Jahre festlegen.“ Studentenwerke benötigen – wie in der Gesetzesbegründung zu Recht erwähnt – bei ihrer Finanzierung Planungssicherheit. Daher wäre es sinnvoll, diese Regelung zumindest als Soll-Bestimmung zu fassen. Außerdem ist es wichtig, bei längerfristigen Finanzierungsfestlegungen Dynamisierungsregelungen in Koppelung an etwaige Kostensteigerungen vorzusehen. So zeigt sich aktuell bundesweit massiv, wie schwierig für die Studentenwerke die Finanzierungssituation durch den Kostendruck aufgrund der Corona-Pandemie sowie der stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreise ist.

 

5. Rahmenbedingungen für effiziente Wirtschaftsführung sicherstellen

Aus Sicht des DSW benötigen Studentenwerke für eine erfolgreiche Arbeit neben einer ausreichenden finanziellen Ausstattung gesetzliche Rahmenbedingungen, welche Gestaltungsspielraum zur Umsetzung des sozialen Auftrags erlauben. Diese produktive Autonomie geht typischerweise – so unsere bundesweite Wahrnehmung – mit einer geringen Regelungsdichte einher. Neben den in § 120 SächsHSG-E vorgenommenen Festlegungen zur Wirtschaftsführung sollte die Sächsischen Haushaltsordnung daher allenfalls in einzelnen Regelungen Anwendung finden, was sich in der Praxis durchgängig als ausreichend erweist. Daher begrüßen wir, dass in § 120 Abs. 1 S. 5 SächsHSG-E in Bezug auf Näheres auf eine Rechtsverordnung verwiesen wird, durch welche von den Vorgaben der Sächsischen Haushaltsordnung abgewichen werden kann. Eine solche Rechtsverordnung sollte dann zeitnah erlassen werden, auch um Überschneidungen von HGB mit den Regelungen der Sächsischen Haushaltsordnung direkt auszuschließen.

Im Übrigen sollte § 120 Abs. 1 S. 4 SächsHSG-E ergänzt gefasst werden in: „Die Studentenwerke können für zukünftige Investitionen und zur allgemeinen Vorsorge Rücklagen bilden.“ Denn neben der Rücklagenbildung für Investitionen insbesondere im Bereich der Studentenwohnheime erfordert eine vorausschauende Wirtschaftsführung ebenfalls die Möglichkeit, Rücklagen für unvorhergesehene sonstige Entwicklungen zu bilden. Dies betrifft beispielsweise die Situation, bei wegfallenden Einnahmen die Personalkosten decken zu müssen.

 

6. Nutzung der erforderlichen Liegenschaften sicherstellen

In § 120 Abs. 6 S. 1 SächsHSG-E heißt es: „Die Studentenwerke bauen selbst.“ Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll dies als klarstellende Regelung zu verstehen sein. Für den Bereich der Studentenwohnheime ist die Bauherrenverantwortung der Studentenwerke üblich und angemessen. Im Bereich der Hochschulgastronomie sind die Einrichtungen dagegen regelmäßig Teil der Liegenschaften der Hochschulen.

Insgesamt sollte klarstellt werden, dass die Bereitstellung von Grundstücken zur unentgeltlichen Nutzung Teil der Finanzierungsverantwortung des Staates ist. Die Studentenwerke benötigen im Rahmen einer ausreichenden Finanzierung Sicherheit in Bezug auf die von ihnen genutzten Liegenschaften. Für sie ist daher eine gesetzliche Festlegung beispielsweise vergleichbar der Regelung in § 8 Abs. 6 Studierendenwerksgesetz Hessen angemessen: „Die Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, Gebäuden oder Gebäudeteilen des Freistaats oder seiner Hochschulen an die Studentenwerke zum Zweck der gesetzlichen Aufgabenerfüllung erfolgt unentgeltlich. Dies gilt auch für die Bestellung von Erbbaurechten." Die allgemeine haushalterische Ermächtigungsnorm des § 12 Abs. 3 Nr. 1 Haushaltsgesetz 2021/2022 würde insofern für den Bereich der Studentenwerke konkretisiert.

 

7.Auf Studiengebühren verzichten

§ 13 SächsHSG-E sieht weiterhin in bestimmten Fällen Studiengebühren vor. Dies gilt nach Abs. 2 bei Überschreiten der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester (Langzeitstudiengebühren). Dabei soll nun immerhin die Ergänzung eingefügt werden: „[…] es sei denn, die Studentin oder der Student hat die Fristüberschreitung nicht zu vertreten“. Gleiches gilt nach Abs. 4 für Zweitstudiengebühren. Abs. 3 ermöglicht es den Hochschulen weiterhin, für Studierende aus Nicht-EU-Ländern Studiengebühren zu erheben, wenn die Hochschulen für diesen Personenkreis ein Stipendienprogramm anbieten.

Aus Sicht des DSW sollte die Gesetzesnovellierung genutzt werden, um gänzlich auf Studiengebühren zu verzichten. Sie stellen eine soziale Hürde beim Hochschulzugang dar. Langzeitstudiengebühren treffen diejenigen Studierenden, die z.B. auf Nebenerwerbstätigkeit parallel zum Studium für den Lebensunterhalt angewiesen sind. Jobben in nicht nur marginalem Umfang wirkt dann studienzeitverlängernd. Nach der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks betrifft die Notwendigkeit des Jobbens für den Lebensunterhalt insbesondere Studierende aus einfacherer Bildungsherkunft. Dass auch für internationale Studierende finanzielle Fragen des Studiums ein besonderes Problem sind, wird ebenfalls regelmäßig aus der Sozialerhebung deutlich. Bestätigt wurde dies aktuell durch die überproportional hohe Inanspruchnahme der staatlichen Überbrückungshilfe für Studierende in der Pandemie.

Aus Sicht des DSW sind Studiengebühren weiterhin kein geeignetes Instrument, um den bestehenden und zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarkts und der Wirtschaftsentwicklung mit ihrem gesteigerten Qualifikationsbedarf sowie der Internationalisierung des Hochschulstandorts Deutschland Rechnung zu tragen. Die Grundhaltung des Deutschen Studentenwerks ist hier weiterhin: unterstützen statt abstrafen.

 

8. Besondere Belange von Studierenden mit Behinderungen

§ 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 14 sowie Abs. 6 SächsHSG-E sehen eine Konkretisierung der Aufgaben der Hochschulen in Bezug auf Inklusion vor. Das DSW begrüßt dies. Die Hochschulen werden verpflichtet, nicht nur die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen zu berücksichtigen und Benachteiligungen zu verhindern, sondern aktiv Maßnahmen zu deren Teilhabe an der Hochschulbildung zu treffen. Die Angebote müssen dabei so beschaffen sein, dass sie selbständig und barrierefrei in Anspruch genommen werden können. Es sollte hierbei allerdings auf den umfassenden Behinderungsbegriff nach § 2 Sächsisches Inklusionsgesetz verwiesen werden. Durch die Verwendung dieses Begriffes wird klargestellt, dass auch Menschen, deren chronische Erkrankung und länger andauernden Erkrankungen (z.B. Rheuma, Multiple Sklerose, Essstörungen, Autismus-Spektrum-Störungen) zu Teilhabebeeinträchtigungen führen, Menschen mit Behinderungen sind. Empfohlen wird demgemäß der konsequente Bezug auf diese Legaldefinition mit der Folge, dass im Gesetz auf die jeweilige Ergänzung „oder chronischen Krankheiten“ verzichtet werden kann. Außerdem sollte die Verpflichtung ergänzt werden, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen bereitgestellt werden.

Es wird außerdem vorgeschlagen, Verbesserungen der Studienbedingungen für Studierende mit Behinderungen als zusätzliche maßgebliche Aspekte im Rahmen der Qualitätssicherung und der Hochschulplanung und -steuerung im Rahmen von §§ 9, 11 SächsHSG-E zu berücksichtigen. Durch die Aufnahme der Förderung der chancengleichen Teilhabe Studierender mit Behinderungen in die Zielvereinbarungen mit den Hochschulen könnte die Landesregierung hier für zusätzliche Impulse sorgen.

Bei den Regelungen zu Gebühren und Entgelten in § 13 SächsHSG-E sowie beim Hochschulzugang in § 18 SächsHSG-E ist es notwendig, jeweils noch konkrete Regelungen zum Nachteilsausgleich für Studierende mit Behinderungen zu ergänzen, ähnlich wie dies für Prüfungsordnungen in § 35 Abs. 3 SächsHSG-E festgelegt ist. So heißt es im Kontext Gebühren beispielsweise in § 14 Abs. 2 Niedersächsisches Hochschulgesetz: „Die Gebühren und Entgelte nach § 13 können auf Antrag ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt hinsichtlich der Langzeitstudiengebühr in der Regel vor […] bei studienzeitverlängernden Auswirkungen einer Behinderung oder schweren Erkrankung […]“.

Aus unserer Wahrnehmung kommt den Beauftragten für die Studierenden mit Behinderungen und chronischen Krankheiten an Hochschulen bei dem Themenfeld bundesweit eine zentrale Rolle zu. Sie sind in den Hochschulen die zentralen Ansprechpersonen bei der Umsetzung des Rechts von Menschen mit Behinderungen auf diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Zugang zur Hochschulbildung. Mit ihrer fachlichen Expertise unterstützen sie die Hochschulen beim Abbau von Barrieren und Benachteiligungen und wirken an der Gestaltung inklusiver Hochschulstrukturen und -angebote mit. Die Beauftragten informieren, beraten und unterstützen Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten und fungieren als Ansprechpersonen für Lehrende, Studienberater/innen und Mitarbeiter/innen in Prüfungsämtern. Um diese Aufgaben wahrnehmen zu können, ist es erforderlich, das Amt der/des Beauftragten gesetzlich zu verankern und deren/dessen Arbeitsfähigkeit rechtlich abzusichern. Der Freistaat Sachsen würde in dieser Hinsicht einen Sonderweg gehen: In fast allen anderen Bundesländern – mit Ausnahme von Bremen und Hessen – ist das Amt der/des Beauftragten inzwischen in den Landeshochschulgesetzen verankert. Wir schlagen vor diesem Hintergrund die folgende Ergänzung vor:

㤠56a Behindertenbeauftragte

(1) Die Hochschule wählt für drei Jahre eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Behinderungen (Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeauftragter) sowie eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter.

(2) Den Behindertenbeauftragten sind die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Personal- und Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Sie sind von der dienstlichen Tätigkeit ohne Minderung der Bezüge zu befreien, soweit es ihre Aufgaben erfordern.

(3) Die Behindertenbeauftragten wirken bei allen Maßnahmen zur sozialen Förderung von Studierenden mit Behinderungen und zum Nachteilsausgleich bei der Hochschulzulassung, beim Studium und bei Prüfungen mit. Sie können gegenüber allen Organen der Hochschulen Stellungnahmen abgeben und Vorschläge machen. Sie haben Rede- und Antragsrecht in allen Selbstverwaltungsgremien. Sie sind über alle geplanten Maßnahmen zu informieren, die Belange von Studierenden mit Behinderungen betreffen.“

 

Berlin, 20. September 2022

 

Matthias Anbuhl

Vorstand/Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks