09.06.2022

Stellungnahme

Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks (DSW) zum Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung für ein Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz (Landtags-Drucksache Nr. 18/22504 vom 4. Mai 2022)

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Dachverband der 57 Studenten- und Studierendenwerke in Deutschland und nimmt außerdem satzungsgemäß sozialpolitische Belange der Studierenden der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden zu dem o.g. Gesetzentwurf Stellung, soweit dies die Arbeit der bayerischen Studentenwerke und einzelne Aspekte sozialpolitischer Belange der Studierenden betrifft.

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Allgemeine Anmerkungen

Das DSW hatte bereits in seiner Stellungnahme vom 24. Juni 2021 zu dem Gesetzentwurf des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst in der Fassung vom 18. Mai 2021 Stellung genommen. Wir begrüßen, dass in dem vorliegenden Gesetzentwurf an einzelnen Stellen bereits unsere Anregungen umgesetzt wurden. Dennoch sehen wir weiter deutlichen Anpassungsbedarf.

In der Begründung des nun aktuellen Entwurfs des Gesetzes (im Folgenden: BayHIG-E) heißt es zur Zielstellung (S. 1): „Der neue gesetzliche Rahmen entspricht dem veränderten Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Hochschulen. Während der Staat sich auf die Aufgabe der strategischen Steuerung beschränkt, sollen die Hochschulen deutlich erweiterte Handlungsspielräume für mehr Agilität, mehr Exzellenz und mehr Innovation in Forschung, Lehre und Transfer nutzen können. […] Damit schafft das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz eine stabile Grundlage für einen Modernisierungsschub in der bayerischen Hochschullandschaft in einer Vielzahl von Leistungsparametern – von der Stärkung des Wissens- und Technologietransfers einschließlich der Unternehmensgründungen über die innovative Lehre bis zur Förderung der Internationalisierung.“

Übertragen auf den Bereich der Studentenwerke – bzw. nach einer geplanten Umbenennung: Studierendenwerke – bedeutet dies, die Gesetzesnovellierung ebenfalls zu nutzen, um modernere Rahmenbedingungen für deren effiziente Arbeit zu ermöglichen. Starke Hochschulen brauchen zur Erreichung ihrer Ziele starke Studierendenwerke als Partner, um den Bedürfnissen der Studierenden entsprechen zu können. Die erfordert einerseits institutionelle und finanzielle Stabilität und andererseits hinreichende Autonomie.

Gleichfalls gilt es im Gesetz, soziale Belange der Studierenden ausreichend zu berücksichtigen. Etwa wenn das Gesetz Internationalisierung fördern will, kann dies nicht gelingen, wenn es zugleich die Möglichkeit schafft, Studiengebühren für ausländische Studierende zu erheben.

 

1.         Kosten der Umbenennung in Studierendenwerke berücksichtigen

Das Gesetz sieht vor, die Studentenwerke in Studierendenwerke umzubenennen. Von den 57 Mitgliedern des DSW trägt inzwischen die Mehrheit diese Bezeichnung. Aus Sicht des DSW sollte hierüber jedoch von den Studentenwerken vor Ort im Dialog mit dem jeweiligen Bundesland entschieden werden. Eine Umbenennung ist regelmäßig – das zeigen durchgehend alle bisherigen Erfahrungen – mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden. Da das Land Bayern eine entsprechende Umbenennung vorgeben will, ist es notwendig, dass das Land die zusätzlichen finanziellen Mittel hierfür bereitstellt – zumal auch die bayerischen Studentenwerke aufgrund der Corona-Pandemie sowie der stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreise bereits unter einem erheblichen Kostendruck stehen.

 

2.         Aufgaben der Studierendenwerke

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es (S.2): „Eine zeitgemäße Definition der Hochschulaufgaben umfasst dabei bedeutende und aktuelle Querschnittsthemen wie Wissenschaftskommunikation, Digitalisierung, Gleichstellung, studentisches Wohnen, Inklusion und Nachhaltigkeit.“

Die Unterstützung von Gleichstellung und Inklusion prägen die soziale Arbeit der Studenten- und Studierendenwerke wesentlich. Im Sinne des Ziels der Ermöglichung von Chancengleichheit betrifft dies insbesondere auch die spezifischen Bedürfnisse von einzelnen Studierendengruppen. Folgerichtig ist es daher, diesen Aspekt im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben der Studierendenwerke ebenfalls abzubilden. Ähnlich wie in § 4 Abs. 1 S. 2 Studierendenwerksgesetz Mecklenburg-Vorpommern sollte daher in Art. 114 Abs. 1 BayHIG-E ergänzt werden: "Die Studierendenwerke berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern, von Studierenden mit Behinderungen, von ausländischen Studierenden und Studierenden mit Migrationshintergrund."

Das DSW begrüßt, dass in Art. 114 Abs. 1 S. 1 BayHIG-E nun die „Bereitstellung von Beratungsangeboten“ klarstellend als Teil des Leistungsbereichs der Studierendenwerke genannt ist. Denn mit ihren psychologischen und sozialen Beratungsleistungen unterstützen sie bundesweit die Studierenden – insbesondere auch Studierende mit spezifischen Bedürfnissen – dabei, Herausforderungen ihrer Lebens- und Studiensituation zu bewältigen. Der in der Corona-Situation teilweise signifikant gestiegene Beratungsbedarf hat dies eindrucksvoll verdeutlicht.

 

3.         Unternehmensbeteiligung und -gründung gestatten

Die gesetzlichen Regelungen der meisten Bundesländer gestatten es den Studenten- und Studierendenwerken, sich bei Bedarf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter zu bedienen, sich an Unternehmen zu beteiligen bzw. Unternehmen zu gründen. Es erscheint sinnvoll, diese Option im Rahmen der Modernisierung der bayerischen Regelungen in Art. 114 BayHIG-E ebenfalls abzubilden.

 

4.         Regelung zur Gemeinnützigkeit umfassend gesetzlich festlegen

Die in der derzeitigen Entwurfsfassung in Art. 114 Abs. 3 BayHIG-E vorgesehene Festlegung zur Gemeinnützigkeit ist im Vergleich zu den meisten entsprechenden Regelungen anderer Bundesländer sehr schlank. Wir empfehlen, die gesetzliche Festlegung umfassender zu formulieren, beispielsweise: „Die Betriebe gewerblicher Art der Studierendenwerke werden so geführt, dass sie gemeinnützigen Zwecken im Sinne des Abschnitts Steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung dienen.“

 

5.         Rechtsentwicklung zur Umsatzsteuer berücksichtigen

Durch Änderungen des Umsatzsteuergesetzes kann es allgemein zu Verschiebungen in der Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) kommen. Dies gilt insbesondere bei Kooperationen zwischen jPöR. Durch gesetzliche Regelungen kann die Umsatzsteuerbarkeit von Leistungen zwischen Studierendenwerken untereinander bzw. zwischen ihnen und Hochschulen sowie Bund, Ländern und Kommunen ggf. vermieden werden.

Wie wir bereits in unserer vorherigen Stellungnahme ausgeführt haben, gilt: Damit ein Studierendenwerk bei einer Leistungserbringung im Rahmen einer Kooperation mit der Hochschule nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig wird, müssen insofern die beiden von § 2b Abs. 1 S. 1 UStG genannten Tatbestandsmerkmale „öffentliche Gewalt“ und „keine größeren Wettbewerbsverzerrungen“ erfüllt sein. Die Regelung in Art. 114 Abs. 5 S.4 i. V. m. Art. 6 BayHIG-E zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge erscheint zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmal „öffentliche Gewalt“ in § 2b UStG zielführend. Ebenso geht die Regelung in Art. 114 Abs. 5 S. 3 BayHIG-E in die richtige Richtung, bestimmte Kooperationsbeziehungen mit anderen jPöR verpflichtend durch Rechtsverordnung festzulegen. Die Annahme größerer Wettbewerbsverzerrungen kann nämlich aufgrund neuerer Hinweise der Finanzverwaltung zu den geltenden EU-rechtlichen Vorgaben auf Grundlage von § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG nicht mehr ausgeschlossen werden; dies scheint wohl im Wesentlichen nur noch über einen Bezug auf § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG möglich.

Daher dürfte ein allgemeines Kooperationsgebot nicht mehr ausreichen, um die Voraussetzungen von § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG rechtssicher zu erfüllen. Vielmehr bedarf es einer Kooperationspflicht in der Form, dass Leistungen aufgrund geltender gesetzlicher Bestimmungen nur von den benannten jPöR erbracht werden dürfen und somit private Wirtschaftsteilnehmer von der Erbringung ausgeschlossen sind. Zur Erfüllung der gemeinsamen Aufgabe von Hochschulen und Studierendenwerken – nämlich der wirtschaftlichen Förderung und sozialen Förderung der Studierenden – sind in der Regel Leistungen beim Einsatz von Personal (z.B. Überlassung von Personal im psycho-sozialen Bereich zur Beratung oder Betreuung von Studierenden) sowie die Nutzung von Einrichtungen und Räumen (z.B. Nutzung von Räumlichkeiten zum Betrieb einer Mensa oder Cafeteria, Nutzung der Leistungen eines Rechenzentrums zur Versorgung der  Studentenwohnheime oder Lernräume der Studierendenwerke) betroffen.

Die formulierte Kooperationspflicht muss zum Ausdruck bringen, dass die Hochschulen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben ausschließlich eigenes Personal oder Personal des Studierendenwerks einsetzen müssen bzw. unmittelbar dem Hochschulwesen und Förderung der Studierenden dienende Einrichtungen nutzen dürfen. Mit Art. 114 Abs. 5 S. 4 BayHIG-E, der insbesondere auf Art. 6 Abs. 7 S. 6 BayHIG-E verweist, wurde eine Grundlage geschaffen, um im Wege der Rechtsverordnung dieser Anforderung Rechnung tragen zu können.

Wir empfehlen, Art. 114 Abs. 5 S.1 BayHIG-E wie nachfolgend zu ergänzen: „Zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben haben die Studierendenwerke untereinander, mit den Hochschulen, dem Bund, den Ländern und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Förderung des Bildungswesens zusammenzuwirken; dieses gilt insbesondere beim Einsatz von Personal sowie bei der Nutzung von Einrichtungen, die der Förderung und Betreuung der Studierenden unmittelbar dienen.“

 

6.         Errichtung und Auflösung von Studierendenwerken allein dem Gesetzgeber vorbehalten

Nach der Entwurfsfassung des Art. 115 BayHIG-E wären Errichtung, Festlegung der Zuständigkeit sowie Auflösung von Studierendenwerken bereits durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums möglich. Eine solche Regelung ist der notwendigen institutionellen Stabilität der Studierendenwerke als Anstalten öffentlichen Rechts nicht angemessen. Die Entscheidung über Errichtung und Auflösung von Studierendenwerken ist vielmehr insbesondere für die Studierenden und die Hochschullandschaft von so grundsätzlicher Bedeutung, dass sie nicht allein auf Grundlage einer Ministerentscheidung erfolgen, sondern dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss. Demgemäß sollten in Art. 114 oder 115 BayHIG-E die einzelnen Studierendenwerke – wie dies in anderen Bundesländern üblich ist – ausdrücklich im Gesetz benannt werden. Für die Hochschulen ist dies in Art. 1 BayHIG-E umgesetzt.

 

7.         Selbstverwaltungsmerkmal gesetzlich abbilden

Studenten- und Studierendenwerke arbeiten als Anstalten des öffentlichen Rechts außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung. Sie unterstehen demgemäß – bis auf die Erfüllung staatlicher Aufgaben (BAföG-Verwaltung) – lediglich der Rechtsaufsicht. Als Träger funktionaler Selbstverwaltung findet damit grundsätzlich eine unabhängige Entscheidungs-findung statt, wobei insbesondere die Studierenden als Betroffene in den Gremien der Studenten- und Studierendenwerke hieran mitwirken. Vor diesem Hintergrund ist es verbreitet, das Recht auf Selbstverwaltung in den Landesgesetzen ausdrücklich festzuschreiben. Entsprechend sollte in Art. 116 S. 1 BayHIG-E formuliert werden: „Die Studierendenwerke sind rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts mit dem Recht auf Selbstverwaltung.“

 

8.         Umfassende, bedarfsgerechte Finanzierung der Studierendenwerke festschreiben

Die Leistungserbringung durch die Studenten- und Studierendenwerke erfordert eine hinreichende Finanzierung. Der staatliche Finanzierungsanteil der 16 Bundesländer für ihre Studenten- und Studierendenwerke lag 2019 bei nur 8,7 % ihrer Einnahmen, und damit auf einem ähnlichen tiefen Niveau wie in den Jahren zuvor. Lediglich 2020 ist er – bedingt durch die Corona-Situation – auf 10,9 % gestiegen. Anfang der 1990er Jahren trugen die Länder noch mit rund 24 % zu den Einnahmen der Studentenwerke bei. Aus Sicht des DSW ist es sinnvoll, im Gesetz festzuschreiben, dass das Land eine „bedarfsgerechte Finanzierung sicherstellt.“ Im vorliegenden Gesetzentwurf sollte dazu Art. 121 Abs. 1 BayHIG-E entsprechend ergänzt werden.

Die geplante Vorschrift benennt außerdem unter Abs. 1 S. 3 Nr. 2 – wie bereits nach der aktuell geltenden Regelung – als eigene Einnahme der Studierendenwerke den zusätzlichen Beitrag für die Beförderung der Studierenden (Semesterticket). Hier sollte zwar die Berechtigung zur Erhebung dieses Beitrags weiter festgeschrieben bleiben, jedoch nicht, dass es sich hierbei um eigene Einnahmen handelt. Vielmehr sollte so formuliert werden, dass die Studierendenwerke Verträge mit den Beförderungsunternehmen abschließen und zum Zweck der Weiterleitung das Beförderungsentgelt vereinnahmen. Anderenfalls kann im Rahmen der Wirtschaftsführung der Eindruck entstehen, den Studierendenwerken stünden deutlich mehr Mittel zur Verfügung als dies für die Erbringung ihrer eigenen Leistungen tatsächlich der Fall ist. Es handelt sich dagegen vielmehr um ein Clearingverfahren, bei welchem das Beförderungsentgelt bei den Studierendenwerken nur ein durchlaufender Posten ist.

 

9.         Studentischen Wohnheimbau fördern und Nutzung der erforderlichen Liegenschaften sicherstellen

Im Rahmen ihres sozialen Auftrags sind die Studierendenwerke auch für den Bereich studentisches Wohnen zuständig. Art. 114 Abs. 1 S. 1 BayHIG-E bildet dies durch „Bau und den Betrieb von Studierendenwohnheimen“ zutreffend ab. Die Wohnsituation für Studierende ist bundesweit eine Herausforderung. Entscheidende Stellschraube vor Ort ist dabei der Umfang der staatlichen Wohnraumförderung. Im Ländervergleich hat das DSW die Zuschusssituation durch den Freistaat Bayern regelmäßig als herausgehoben positiv wahrgenommen. Im Rahmen dieser finanziellen Möglichkeiten leisten die bayerischen Studentenwerke mit ihrem Angebot an Wohnheimplätzen aus unserer Wahrnehmung als Dachverband hier sehr engagierte und effiziente Arbeit. Art. 2 Abs. 6 S. 1 BayHIG-E würde nun bei den Hochschulen im Rahmen ihrer Mitwirkung an der sozialen Förderung der Studierenden die Ergänzung vorsehen: „und setzen sich dabei auch für den weiteren Ausbau des Angebots von studentischem Wohnraum ein“. Dass die Hochschulen sich im Rahmen einer gemeinsamen Interessenwahrnehmung mit den Studierendenwerken als Stakeholder für eine möglichst optimale Wohnraumsituation insbesondere auch im Dialog mit den Kommunen engagieren, ist selbstverständlicher Teil ihrer Mitwirkung an der sozialen Förderung. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung erscheint angesichts der klaren Aufgabenzuständigkeit der Studierendenwerke allerdings missverständlich in dem Sinne, dass hier auf Seiten der Hochschulen Doppelstrukturen geschaffen werden könnten. Daher sollte auf diese Ergänzung verzichtet werden.

Für die Hochschulen wurde nun in Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayHIG-E eine Ergänzung vorgenommen, die – ausweislich der Begründung – klarstellt, dass die Bereitstellung staatlicher Grundstücke und Gegenstände zur unentgeltlichen Nutzung durch die Hochschulen Teil der Finanzierungsverantwortung des Staates ist. Auch die Studierendenwerke benötigen im Rahmen einer ausreichenden Finanzierung Sicherheit in Bezug auf die von ihnen genutzten Liegenschaften. Für sie ist daher ebenfalls eine gesetzliche Festlegung angemessen, beispielsweise vergleichbar der Regelung in § 8 Abs. 6 Studentenwerksgesetz Hessen: „Die Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, Gebäuden oder Gebäudeteilen des Freistaats oder seiner Hochschulen an die Studierendenwerke zum Zweck der gesetzlichen Aufgabenerfüllung erfolgt unentgeltlich. Dies gilt auch für die Bestellung von Erbbaurechten."

 

10.       Gewährträgerhaftung normieren

Eine ausdrückliche gesetzliche Festlegung der Gewährträgerschaft des Freistaats erscheint sinnvoll. Eine solche Normierung führt üblicherweise dazu, dass im Falle einer notwendigen Kreditaufnahme günstigere Konditionen gewährt werden, was sich wiederum wirtschaftlich entlastend auf die Zuschusssituation des Landes auswirken kann. Daher sollte für die Studierendenwerke ergänzt werden: „Für Verbindlichkeiten des Studierendenwerks haftet neben diesem auch der Freistaat unbeschränkt, wenn und soweit die Befriedigung aus dem Vermögen des Studierendenwerks nicht erlangt werden konnte (Gewährträgerschaft)."

 

11.       Regelungen für Beschäftigte der Studierendenwerke

Die in Art. 121 Abs. 7 S. 4 BayHIG-E vorgesehene Bezeichnung „Anstaltsbedienstete“ ist fachsprachlich ungewöhnlich. Hier sollte stattdessen formuliert werden: „Für die Beschäftigten der Studierendenwerke gelten die Bestimmungen für die Beschäftigten des Freistaats entsprechend."

 

12.       Studiengebühren für ausländische Studierende

Nach § 13 Abs. 1 S. 1 BayHIG-E ist das Studium nicht nur bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss (z.B. Bachelor), sondern auch für einen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss (z.B. Master) grundsätzlich abgabenfrei. Im letzteren Fall allerdings mit der engen Einschränkung, dass es sich dann um einen konsekutiven Studiengang handeln muss. Derart eingrenzend ausgestaltet – nur für konsekutive Studiengänge – ist sogar das BAföG seit 2001 nicht mehr. Eine solche Beschränkung ist damit nicht angemessen.

Nach Art. 13 Abs. 3 BayHIG-E können die Hochschulen Gebühren erheben, für (Nr. 2) die besonderen Aufwendungen bei der Auswahl und der sozialen Betreuung ausländischer Studienbewerber/innen sowie ausländischer Studierender, (Nr. 6) das Studium ausländischer Studierender. Die vorgesehene Regelung nach Nr. 2 kollidiert dabei mit den Aufgaben der Studierendenwerke nach den Art. 114 ff. BayHIG-E, wozu insbesondere auch die soziale Betreuung von ausländischen Studierenden gehört. Die den Hochschulen eingeräumte Möglichkeit, Abgaben zu erzielen, die dann einen Aufbau sowie Betrieb von hochschuleigenen Parallelstrukturen für die soziale Betreuung eröffnen, erscheint weder kompetenzrechtlich noch wirtschaftlich zielführend. Hierauf sollte verzichtet werden.

Laut Abs. 4 sind alle nach Studien- und Prüfungsordnungen erforderlichen sachlichen Ausbildungsmittel nicht zwingend von den Hochschulen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Die Hochschulen können etwaige Entgelte dafür privatrechtlich erheben. Bisher waren nur Lernmittel (anhand derer die Studierenden eigenständig lernen) der Sphäre der Studierenden, Lehrmittel (mit denen Lehrende vermitteln) dagegen der Sphäre der Hochschulen zuzuordnen. Nur persönliche Lernmittel sind von Studierenden selbst aufzubringen. Dies sollte weiter berücksichtigt werden.

Das DSW spricht sich grundsätzlich gegen Studiengebühren aus. Sie stellen eine soziale Hürde beim Hochschulzugang dar. Öffentlichkeit und Politik haben dies weitgehend verstanden. Demgemäß spielen Studiengebühren bundesweit nur noch in speziellen Fällen eine Rolle. In Bayern stimmte der Landtag 2013 für deren Abschaffung, nachdem vorab in einem der erfolgreichsten bayerischen Volksbegehren bereits in diesem Sinne votiert wurde. In dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun nach Art. 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BayHIG-E den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet werden, für das Studium ausländischer Studierender Gebühren zu erheben. Nach S. 2 Nr. 1 gilt dies u.a. nicht für Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der EU. Studiengebührenkredite von Landesbanken oder KfW sind demnach nicht mehr landeseinheitlich vorgesehen, sondern wie eine Stipendienakquise wirtschaftlicher Betätigungsbereich der Hochschulen. Diese tragen dann auch das Ausfallrisiko. Nach Abs. 7 S. 3 sollen die Gebühren sozialverträglich ausgestaltet werden. Angesichts der realen finanziellen Situation vieler ausländischer Studierenden wird sich dies kaum umsetzen lassen. Dass für sie finanzielle Fragen des Studiums ein besonderes Problem sind, wird regelmäßig aus der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks deutlich. Bestätigt wurde dies aktuell durch die überproportional hohe Inanspruchnahme der staatlichen Überbrückungshilfe für Studierende in der Pandemie. Aus Sicht des DSW sind Studiengebühren weiterhin kein geeignetes Instrument, um den bestehenden und zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarkts und der Wirtschaftsentwicklung mit ihrem gesteigerten Qualifikationsbedarf sowie der Internationalisierung des Hochschulstandorts Deutschland Rechnung zu tragen. Das DSW fordert aus diesen Gründen auch hier, auf Studiengebühren zu verzichten.

 

13.       Besondere Belange von Studierenden mit Behinderungen

Das DSW begrüßt, dass die Rechtsansprüche Studierender mit Behinderungen auf diskriminierungsfreie und chancengleiche Teilhabe an der Hochschulbildung im Gesetzentwurf als Leitprinzip verankert werden. Gleiches gilt für die Stärkung des Amtes der/des Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Behinderungen. Daneben schlagen wir in diesem Themenfeld insbesondere folgende weiteren Änderungen bzw. Ergänzungen vor:

In Art. 2 Abs. 5 S. 1 BayHIG-E ist festgelegt, dass die Hochschulen für eine chancengerechte Teilhabe ihrer Mitglieder sorgen. Hier ist es notwendig, das Merkmal „Behinderung“ noch zu ergänzen. Denn die Verwirklichung der chancengerechten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erschöpft sich nicht im Ausgleich von Nachteilen (S. 4), sondern besteht wesentlich bereits in deren vorausschauender Vermeidung durch die Schaffung umfassender Barrierefreiheit. Auch in Art. 25 Abs. 2 S. 3 BayHIG-E, wo es um die Aufgaben der Ansprechperson für Antidiskriminierung geht, ist das Merkmal „Behinderung“ zu ergänzen. 

Bei der Qualitätssicherung nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 BayHIG-E und der Mittelzuweisung nach Art. 11 Abs. 1 S. 4 BayHIG-E sollte im Übrigen neben dem erwähnten Gleichstellungsauftrag jeweils der „Inklusionsauftrag“ ergänzt werden. Nur damit können Maßnahmen zur Realisierung einer „Hochschule für Alle“ zielgerichtet eingeleitet werden.

Bereits bei den speziellen Regelungen für Hochschulmitglieder mit Behinderung in Art. 24 BayHIG-E sollte auf den umfassenden Behinderungsbegriff des Art. 2 Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG) verwiesen werden. Ein Verweis auf diese Regelung findet sich dann in Art. 84 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 BayHIG-E im Zusammenhang mit Prüfungsordnungen. Durch die Verwendung dieses Begriffes wird klargestellt, dass auch Menschen, deren chronische Erkrankung und länger andauernden Erkrankungen (z.B. Rheuma, Multiple Sklerose, Essstörungen, Autismus-Spektrum-Störungen) zu Teilhabebeeinträchtigungen führen, Menschen mit Behinderungen sind. Empfohlen wird demgemäß der konsequente Bezug auf diese Legaldefinition mit der Folge, dass im Gesetz auf die jeweilige Ergänzung „oder chronische Erkrankung“ verzichtet werden kann.

Um Mindeststandards bei der Ausgestaltung des Amtes der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen zu sichern, sollten ihre Mitwirkungsrechte und -pflichten in Art. 24 BayHIG-E konkretisiert werden. Dazu gehört insbesondere, dass sie über alle geplanten Maßnahmen, die Belange von Studierenden betreffen, informiert werden, gegenüber allen Organen der Hochschulen Stellungnahmen abgeben und Vorschläge machen können sowie über Rede- und Antragsrecht in allen Selbstverwaltungsgremien verfügen. Bedeutsam für die Arbeit der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen vor Ort erscheint in diesem Zusammenhang auch das bestehende landesweite Netzwerk, das aus Landesmitteln gefördert wird.

Dass in Art. 84 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 BayHIG-E nun – wie von uns angeregt – festgelegt wird, dass Prüfungsordnungen Regelungen zum Nachteilsausgleich vorsehen müssen, sehen wir als grundsätzlich positiv an. Vergleichbar explizite Regelungen sollten ebenfalls in Bezug auf den Hochschulzugang und das Studium in den Satzungen und Studienordnungen verankert werden. Dazu sollten etwa Art. 80 Abs. 1, Art. 81 Abs. 1 und 95 BayHIG-E entsprechend ergänzt werden.

 

Berlin, 10. Juni 2022

 

Matthias Anbuhl

Vorstand/Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks