01.12.2011

Programmvorschlag der EU-Kommission „Erasmus für alle" verbessern

Höhere Stipendien und Zuschüsse statt Kreditbürgschaften sind wichtig, um die Mobilität von Auszubildenden und Studierenden zu steigern.

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Die 72. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) fordert

 

  • den Rat der Europäischen Union sowie
  • die Abgeordneten des Europäischen Parlaments

auf, bei der Entscheidung über den Programmvorschlag der EU-Kommission „Erasmus für alle" vom 23. November 2011 (Programmlaufzeit 2014 bis Ende 2020) entscheidende Verbesserungen wie
 

  • Höhere Stipendien zur Annäherung an die Bedarfsdeckung
  • Zuschüsse statt Kreditbürgschaften für Master-Studierende zur Steigerung der Mobilität der Auszubildenden und Studierenden herbeizuführen.

Begründung:

Der monatliche Mobilitätszuschuss bei einem Erasmus-Stipendium beträgt derzeit im Durchschnitt 206,- EUR und ist nicht bedarfsdeckend; eine Bedarfsdeckung ist mit dem neuen Programm nicht intendiert. Das Ziel der Mobilitätssteigerung kann jedoch nur erreicht werden, wenn ein Auslandsstudium keine finanzielle Hürde mehr darstellt.

 

Der Programvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass 330.000 Master-Studierende im Auslandsstudium zukünftig kein Stipendium wie Bachelor-Studierende, sondern stattdessen ein Garantieinstrument für Studiendarlehen - also eine Kreditbürgschaft - erhalten. Das Garantieinstrument soll gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank-Gruppe eingerichtet werden. Master-Studierende dürfen gegenüber Bachelor-Studierenden jedoch nicht schlechter gestellt werden, zumal sich das Auslandsstudium zeitlich stärker in die Masterphase verlagert.

 

In Deutschland nehmen fast alle Bachelor-Absolventen ein Master-Studium auf. Durch den Programmvorschlag droht Master-Studierenden gerade in der Phase des Berufseinstiegs und der Familiengründung das Risiko einer Überschuldung. Dies wirkt insbesondere für Studierende aus bildungsfernen und einkommensschwächeren Schichten stark selektiv. Kredite können nur eine temporäre Überbrückungsfunktion in Einzelfällen übernehmen. Keinesfalls eignen sie sich zur bedarfsdeckenden Finanzierung für ein ganzes Studium, auch nicht eines im Ausland.

 

Die Mitnahmefähigkeit des BAföG innerhalb der EU und der Schweiz hat zwar zu eine r Steigerung der Auslandsmobilität unter BAföG-Empfängern geführt. Da das BAföG bereits zur Hälfte als Darlehen gewährt wird, würde ein zusätzlicher Kredit nicht nur die Verschuldung von Studierenden aus einkommensschwächeren Elternhäusern erhöhen , sondern auch als zusätzliche Barriere für einen Auslandsaufenthalt wirken . Daher erscheint zweifelhaft, ob der Programmvorschlag die soziale Dimension fördert, die im Rahmen des Bologna-Prozesses vereinbart ist.

Zudem stellt der Aufbau einer Rückzahlungs- und Kreditbürgschafts-Bürokratie keine Maßnahme der Verwaltungsvereinfachung dar.

 

 

 

72. ordentliche Mitgliederversammlung 

des Deutschen Studentenwerks (DSW)

am 30.11./1.12.2011