11.12.2020

Hochschulsozialpakt zur sozialen Infrastruktur rund ums Studium: Wohnen

Die 82. Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks begrüßt ausdrücklich, dass der Bund den Ländern über eine Finanzhilfevereinbarung zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus im Jahr 2020 eine Mrd. Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung stellt und diese Mittel u.a. auch explizit für den studentischen Wohnheimbau eingesetzt werden sollen. Diese Finanzmittel dürften jedoch bei weitem nicht ausreichen, um den aktuellen und künftigen Bedarf an preiswertem Wohnraum generell und insbesondere den Wohnraumbedarf von Studierenden auszugleichen. Damit die Studenten- und Studierendenwerke ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechend „dauerhaft bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum für Studierende bereitstellen können“ benötigen sie allein in den nächsten Jahren Zuschüsse von Bund und Ländern in Höhe von mindestens 1,9 Mrd. Euro für

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  1. den Neubau von mindestens weiteren 25.000 Wohnheimplätzen
  2. die dringend erforderliche Sanierung und Modernisierung des Wohnheimbestandes, um weiterhin preisgünstige Mieten sichern zu können und gleichzeitig soziale und ökologische Ziele erreichen zu können sowie
  3. Pandemiegerechte und präventiv erforderliche Anpassungen, wie der digitalen Ausstattung der Wohnheime sowie der baulichen Hygienestandards, damit Studierende auch in der Krise nachhaltig sicher studieren können.

Daher fordert die 82. Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks

  • den Bund auf, die zur Verfügung gestellten Finanzmittel auf 2 Mrd. Euro p.a. zu erhöhen sowie die bislang jährliche Finanzhilfevereinbarung mit den Ländern dauerhaft zu verlängern,
  • die Länder auf, die Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung additiv mit eigenen Förderprogrammen für den Neubau und die Sanierung von Wohnheimen der Studenten- und Studierendenwerke zu ergänzen,
  • Länder, Kommunen und die BIMA auf, den Studenten- und Studierendenwerken angesichts der v.a. allem in Hochschulstädten extrem gestiegenen Bodenpreise kostenfreie Grundstücke für die Bebauung mit Studentenwohnheimen zu überlassen.

Begründung:

Aktuell haben wir rund 2,9 Mio. Studierende in Deutschland. Die Kultusministerkonferenz schätzt in ihren Berechnungen von 2019, dass insbesondere die Studienanfängerzahlen, aber auch die Studierendenzahlen insgesamt dauerhaft hoch bleiben und in den Metropolen entsprechend der demografischen Entwicklung sogar mittel- bis langfristig steigen. Bis 2030 prognostiziert die Kultusministerkonferenz weiterhin rd. 510.000 Studienanfänger jährlich. Die Zahl der internationalen Studierenden beträgt aktuell rd. 395.000. Die Attraktivität Deutschlands als Studienstandort für internationale Studierende ist ungebrochen und dürfte mittelfristig auch unter den Gegebenheiten der Corona Pandemie noch weiter steigen. Der Ausbau der staatlich geförderten Wohnheimplätze hat jedoch bei weitem nicht mit dem Anstieg der Studierendenzahlen Schritt gehalten. Die Zahl aller öffentlich geförderten Wohnheimplätze wuchs seit 2007 nur um rund 8%, während die Studierendenzahl bundesweit um 49 % stieg. Die bestehenden Wohnheimkapazitäten reichen infolgedessen vielerorts nicht aus. Insgesamt ist die Versorgungsquote in den letzten Jahren immer weiter auf inzwischen auf 9,45 % gesunken.

Gerade Studienanfänger/innen, ausländische Studierende und Studierende mit einem geringen Einkommen sind jedoch auf Wohnheimplätze angewiesen, wie die Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerks immer wieder darlegen. Zudem haben die aktuellen Erfahrungen mit der Überbrückungshilfe der Bundesregierung für Studierende in pandemiebedingter Notlage nochmals bestätigt, dass ein Teil der Studierenden bereits vor der Pandemie in struktureller Armut lebt. Gerade diese Studierenden sind von den Mietsteigerungen auf den Wohnungsmärkten in den vergangenen Jahren hart getroffen worden; sie benötigen Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten, wie sie die Studentenwerke in Ihren Wohnheimen mit einer Durchschnittsmiete von 256 Euro all inklusiv pro Monat bieten können. Dies können die Studenten- und Studierendenwerke jedoch nur mit öffentlichen Zuschüssen leisten. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum für Studierende wird daher auch in der Pandemie, und erst recht nach der Pandemie, hoch bleiben – vor allem seitens einkommensschwächerer Studierender, die auf Wohnraum zu einem Mietniveau weit unterhalb der aktuellen BAföG-Wohnbedarfspausche von 325 Euro im Monat angewiesen sind.

Das Deutsche Studentenwerk veranschlagt daher einen bundesweiten Bedarf von mindestens 25.000 zusätzlichen preisgünstigen Plätzen, wobei die Bedarfe regional unterschiedlich ausfallen. Das dafür erforderliche Investitionsvolumen beläuft sich mindestens auf rd. 2 Mrd. Euro, das öffentliche Zuschussvolumen sollte grundsätzlich bis zu 50 % der Baukosten betragen, mindestens jedoch 800 Mio. Euro. Für den vielerorts umfangreich notwendigen Sanierungs-/Modernisierungsbedarf zum Erhalt des vorhandenen preisgünstigen studentischen Wohnraums beläuft sich das dafür notwendige Investitionsvolumen für die kommenden vier Jahre auf insgesamt 2,2 Mrd. Euro. Bei einer hälftigen Zuschussförderung besteht hier ein weiterer Bedarf in Höhe von 1,1 Mrd. Euro. Insgesamt werden für Neubau und Sanierung mindestens 1,9 Mrd. Euro an zusätzlichen staatlichen Zuschüssen benötigt.

Die Corona Pandemie hat darüber hinaus deutlich gemacht, dass weitere Investitionen in die Ausstattung der Wohnheime dringend erforderlich sind, insbesondere um den Studierenden einen nachhaltig sicheren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können und die z.T. auch von den Hochschulen gefordert werden. Hierzu zählen insbesondere die Ausstattung der Wohnheime mit einem flächendeckenden schnellem WLAN, grundsätzliche Ausstattung der Lernorte mit digitalem Zugang, aber auch qualitativ höherwertigen Ausstattungen, um den erhöhten Hygieneanforderungen dauerhaft nachhaltig gerecht zu werden. Hierfür bedarf es weiterer finanzieller Zuschüsse insbesondere der Länder, wenn die Studenten- und Studierendenwerke ihrer gesetzlichen Aufgabe adäquat gerecht werden sollen.

Das Deutsche Studentenwerk erkennt ausdrücklich die bisherigen Aktivitäten von Bund und Ländern im Rahmen ihrer Zuschuss- bzw. Förderprogramme zur Schaffung bzw. zum Erhalt von studentischen Wohnraum an. Diese decken, wie oben aufgezeigt, aber nicht annähernd den Bedarf. Vor diesem Hintergrund begrüßt das Deutsche Studentenwerk ausdrücklich die in 2020 abgeschlossene Finanzhilfevereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus insgesamt. Der Bund stellt für 2020 damit eine Milliarde Euro zur Verfügung, die grundsätzlich auch für den studentischen Wohnheimbau und –erhalt eingesetzt werden kann. Allerdings steht es den Ländern frei, ob sie diese Finanzmittel zum Teil auch hierfür verwenden. Da die bestehenden Bedarfe schon im (reinen) Sozialen Wohnungsbau bundesweit erheblich sind, reicht eine Finanzsumme von jährlich 1 Mrd. Euro jedoch nicht aus. Die Studentenwerke können infolgedessen oftmals nicht an diesen Mitteln partizipieren. Dabei wird übersehen, dass die Förderung des studentischen Wohnheimbaus erheblich zur Entlastung der kommunalen Wohnungsmärkte zugunsten konkurrierender einkommensschwacher Haushalte beiträgt. Es bedarf insofern einer Aufstockung durch den Bund auf mindestens 2 Mrd. Euro p.a. und zwar dauerhaft! Ebenso sind die Länder aufgefordert ihrer Verantwortung gerecht zu werden und additiv u.a. aus eigenen Förderprogrammen für den Neubau, aber auch gerade die Sanierung einschließlich der Modernisierung von Wohnheimen der Studenten- und Studierendenwerke auch tatsächlich Mittel zur Verfügung zu stellen.

Die Studenten- und Studierendenwerke haben beim Konjunkturpaket eindrucksvoll gezeigt, dass sie in der Lage sind, Baumaßnahmen zügig und effizient umzusetzen, wenn die notwendigen finanziellen Ressourcen für sie bereitgestellt werden. Dies umfasst ebenso die Überlassung kostenfreier Grundstücke durch BIMA und Kommunen sowie eine Dynamisierung der bestehenden Fördermittel analog der Kostenentwicklungen im Baugewerbe angesichts der kontinuierlich steigenden Baupreise.