27.11.2019

Hochschulsozialpakt zur sozialen Infrastruktur rund ums Studium: Wohnen

"Kopf braucht Dach": Wohnraum für Studierende – Bezahlbar. Die 81. Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) vom 26./27.11.2091 begrüßt ausdrücklich, dass der Bund mit den Ländern bis Ende 2019 eine Finanzhilfevereinbarung zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus abschließen will, mithilfe derer der Bund an die Länder 2020/21 voraussichtlich rund zwei Milliarden Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung stellen wird.

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Damit die Studenten- und Studierendenwerke in Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags dauerhaft bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum für Studierende bereitstellen können, fordert die 81. Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks vom 26./27.11.2019:

  • die Länder auf, die zu erwartenden Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung auch für den Neubau und die zunehmend drängende Sanierung einer großen Anzahl von Wohnheimen der Studenten- und Studierendenwerke zu nutzen.
  • den Bund und insbesondere die Länder auf, eine Vereinfachung des Vergaberechts und eine Anpassung der Vergabegrenzen vorzunehmen, um schneller sowie wirtschaftlicher bauen und sanieren zu können,
  • auf zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu verzichten und die Immatri-kulationsbescheinigung als Wohnberechtigung für deutsche und internationale Studierende in allen Bundesländern als ausreichend anzuerkennen,
  • angesichts der in zahlreichen Hochschulstädten extrem gestiegenen Bodenpreise die Überlassung kostenfreier Grundstücke durch BIMA, Länder und Kommunen an die Studenten- und Studierendenwerke für die Bebauung mit Studentenwohnheimen.

Begründung:

Die 81. Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) erkennt ausdrücklich die bisherigen Aktivitäten von Bund und Ländern im Rahmen ihrer Zuschuss- bzw. Förderprogramme zur Schaffung bzw. Erhalt von bezahlbaren studentischen Wohnraum an. Diese decken jedoch nicht annähernd den hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum für Studierende. Vor diesem Hintergrund begrüßen die Studenten- und Studierendenwerke, dass der Bund in Umsetzung des aktuellen Koalitionsvertrages und auf Basis des neuen Art. 104d GG mit der in Verhandlung befindlichen Finanzhilfevereinbarung wieder in die soziale Wohnraum-förderung einsteigen und hiermit insbesondere auch eine Förderung des studentischen Wohnheimbaus und die Sanierung durch die Länder ermöglichen will. Nun sind Die Länder sind aufgefordert, zukünftig die jeweilige Landesförderung für den Neubau und die Sanierung studentischer Wohnheime durch einen Teil der zu erwartenden Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung zu erweitern, um eine ausreichende Versorgung der Studierenden mit bezahlbarem Wohnraum durch die Studenten- und Studierendenwerke dauerhaft zu gewährleisten.

Seit 2007 ist die Zahl der Studierenden bundesweit um 48%* gestiegen, die Zahl aller öffentlich geförderten Wohnheimplätze dagegen nur um rund 8%**. Da sich zudem die Wohnraumversorgung im allgemeinen Wohnungsmarkt vielerorts weiterhin dramatisch verschlechtert, wird auch bedarfsgerechter und bezahlbarer Wohnraum für Studierende immer knapper. Eine Entspannung ist langfristig nicht in Sicht, mit dem kontinuierlichen Anstieg von Hochschulzugangsberechtigten und internationalen Studierenden wird die Zahl der Studierenden langfristig auf hohem Niveau bleiben, so prognostiziert die Kultusministerkon-ferenz bis 2030 jährlich ca. 510.000 Studienanfänger.

Die teilweise extrem gestiegenen und weiter steigenden Mieten am Wohnungsmarkt belasten die Budgets der Studierenden erheblich, so z.B. das untere Viertel der Studierenden mit den geringsten mtl. Einnahmen (bis 700 Euro) nach der aktuellen 21. DSW-Sozialerhebung mit durchschnittlich 46%. Viele Studierende können sich daher allenfalls Mieten auf Wohnheimniveau leisten, das aktuell bei einem Mittelwert von rd. 250 Euro monatlich liegt. Die Realisierung eines derartigen Mietniveaus bedarf bei Neubauten und Sanierung jedoch staatlicher Zuschüsse an die Studenten- und Studierendenwerke. Zumal diese ihre Wohnheime – ausgerichtet an den spezifischen sozialen Bedarfen der Studierenden und in Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags – auch nach Auslaufen der jeweiligen Zweckbindung weiterhin ausschließlich für Studierende vorhalten.

Zur Entlastung nicht nur des studentischen Wohnungsmarktes sind daher weiterhin mindestens 25.000 weitere preisgünstige und bezahlbare Wohnheimplätze bei den Studenten- und Studierendenwerken notwendig. Mehr Wohnplätze für Studierende entlasten auch den allgemeinen angespannten Wohnungsmarkt zugunsten mit den Studierenden konkurrieren-den ebenfalls einkommensschwachen Gruppen wie Familien mit kleinen Kindern, Senioren etc. Das dafür erforderliche Investitionsvolumen beläuft sich mindestens auf rd. 2 Mrd. Euro, das öffentliche Zuschussvolumen sollte grundsätzlich bis zu 50 % der Baukosten betragen, mindestens jedoch 800 Mio. Euro.

Zusätzlich steigt an vielen Standorten der Sanierungsbedarf des Bestandes erheblich. Um künftig auch diese preisgünstigen und bezahlbaren Wohnheimplätze erhalten zu können sind bundesweit in den kommenden fünf Jahren Investitionen von über 2 Mrd. Euro (und ein öffentliches Zuschussvolumen von mindestens 1 Mrd. Euro) erforderlich.

Die Studenten- und Studierendenwerke haben beim Konjunkturpaket eindrucksvoll gezeigt, dass sie in der Lage sind, Baumaßnahmen zügig und effizient umzusetzen, wenn die notwendigen finanziellen Ressourcen für sie bereitgestellt werden. Dies umfasst ebenso die Überlassung kostenfreier Grundstücke durch BIMA und Kommunen sowie eine Dynamisierung der bestehenden Fördermittel analog der Kostenentwicklungen im Baugewerbe angesichts der kontinuierlich steigenden Baupreise.

Eine zusätzliche Vorlage eines Wohnberechtigungsscheines durch die Studierenden neben einer Immatrikulationsbescheinigung u.a. bei Einzug in ein öffentlich gefördertes Wohnheim der Studenten- und Studierendenwerke ist entbehrlich. Die Studierenden gelten nach deutschem Steuerrecht qua Studierendenstatus per se als „bedürftig“. Die Studenten- und Studierendenwerke als gemeinnützige Körperschaften betreiben die Studentenwohnheime als steuerbegünstigte Zweckbetriebe i.S. v. § 68 Abgabenordnung im Rahmen der Jugend- und Wohlfahrtspflege. Hier hat der Gesetzgeber die generelle Bedürftigkeit der Studierenden und den Betrieb von Studentenwohnheimen als steuerbegünstigten Zweckbetrieb bereits gesetzlich anerkannt.

Darüber hinaus ist es nahezu ausgeschlossen, dass Studierende ein derart hohes Einkommen neben ihrem Vollzeitstudium – in dem nicht mehr als 20 Stunden gearbeitet werden dürfen – erwirtschaften können, das die Einkommensgrenzen nach den Wohnraumförderungsgesetzen der Länder überschreitet. Die Forderung nach Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins ist reiner Formalismus, der unwirtschaftlichen Arbeitsaufwand und enorme unnötige Bürokratiekosten verursacht.

* 2007 (1.941.405) –WS 18/19 (2.863.609) DESTATIS

** 2007 (222.473) – 2019 (239.158) öffentlich geförderte Studentenwohnplätze