11.12.2020

Hochschulsozialpakt zur sozialen Infrastruktur rund ums Studium: Nachhaltigkeit

Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft und exponierte Vorreiterrolle des DSW!

/fileadmin

Wir befinden uns derzeit in einer Klimakrise. Die Hochschulen als Bildungs- und Forschungseinrichtung bilden die Entscheidungsträger*innen und Gestalter*innen von morgen aus und haben die Verantwortung, sich für eine nachhaltige Entwicklung und gesellschaftliche Transformation einzusetzen. Die Studierenden- und Studentenwerke wollen weiterhin vorbildhalft ihren Teil zur Bewältigung von sozialen und ökologischen Problemen wie der Klimakrise beitragen, denn dort hinterlassen die Studierenden derzeit einen großen Teil ihres Fußabdrucks u. a. in den Mensen und in den Studenten- und Studierendenwohnheimen. Denn, laut Umweltbundesamt, sind allein die drei Handlungsfelder Bauen & Wohnen, Mobilität und Ernährung bereits für 70 bis 80 Prozent der Umweltfolgen des Konsums verantwortlich. In allen Bereichen sollte eine Klimaneutralität bis spätestens 2035 erreicht werden.

Dies nimmt die Mitgliederversammlung des DSW zum Anlass, eine Intensivierung der bestehenden Nachhaltigkeitsbestrebungen wie folgt zu beschließen.

Die 82. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks fordert Bund und Länder dazu auf:

  • einen Studierendenwerksnachhaltigkeitspakt als weiteren Bestandteil des Hochschulsozialpakts aufzulegen, hier sind die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkte der Studenten- und Studierendenwerke zu berücksichtigen,
  • die dazu notwendigen Maßnahmen zu identifizieren, um das DSW und die Studenten- und Studierendenwerke angesichts dieser Herausforderungen fokussiert und zukunftsgerichtet unterstützen zu können.

Die 82. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks fordert das DSW dazu auf eine Projektgruppe einzurichten, um:

  • alle verfügbaren Maßnahmen des Klimapakets aus Bund und Ländern, die für die Studierenden- und Studentenwerke relevant sind, zusammenstellen und diesen zur Verfügung stellen,
  • die für die Studenten- und Studierendenwerke zur Erreichung der Klimaneutralität relevanten wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Handlungsfelder herauszustellen und geeignete Maßnahmen aufzuzeigen.

Die 82. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks beschließt, dass die Fachausschüsse des DSW angehalten werden, die entstehenden Umwelt und Treibhausgasemissionskosten in ihrer Arbeit verstärkt mitzudenken.

Begründung:

Das DSW konstatiert unter Verweis auf das Umweltbundesamt (2019), dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung gemessen an den Treibhausgasemissionseinsparungen gegenüber 1990 um voraussichtlich 8% für das Jahr 2020 verfehlt wurden. Weiterhin ist bisher nicht absehbar, dass die Geschwindigkeit in den notwendigen Transformationsprozessen im kommenden Jahrzehnt ausreichend sein wird (IPCC, 2018; Sachverständigenrat für Umwelt, 2018). Angesichts des aktuellen Kenntnisstandes der Wissenschaft sprechen sich das DSW und seine Mitglieder für einen ökologisch gerechten Hochschulraum und gegen das Fortschreiten der historisch beispiellosen anthropogenen Klima‐, Biodiversitäts‐ und Nachhaltigkeitskrise aus. Die Studierendenwerke identifizieren sich als wichtige gesellschaftliche, die nachhaltige Versorgung der Studierenden sichernde Akteure.

Da das DSW sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung für die Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, wie es analog im § 20a des Grundgesetzes formuliert ist, bewusst ist, intensivieren das DSW und seine Mitglieder ihre drastisch notwendigen Transformationsbemühungen zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele. Denn bei bundesweit durchschnittlichen pro Kopf CO2,äq.‐Emissionen von 11t pro Jahr erkennen das DSW und dessen Mitglieder an, dass sie noch als Teilverursacher des nicht zukunftsverträglichen ökologischen Fußabdrucks im studentischen Alltag wirken. Um die Klimaschutzziele einzuhalten und kostenschwere irreversible Kipp‐Punkte zu vermeiden, müsste die Reduktionsrate der Treibhausgasemissionen fünf Mal höher als aktuell liegen (Prof. Dr. Stefan Rahmstorf, u.a. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung, 2019). Dabei geht die Verantwortung als Versorgungsdienstleister für die Studierenden über eine quantitativ ausreichende, weiterhin ausbaufähige Bereitstellung an studentischem Wohnraum und qualitativ hochwertiger Ernährung in den Mensen, wie auch Cafeterien hinaus. Beispielhaft für konsequentes verantwortungsbewusstes Handeln seien an dieser Stelle die Erstellung von Umweltbilanzen, aber auch die breitflächige Umstellung auf den autarken klimaneutralen Strombezug, die emissionsfreie Wärmedämmung und regionale Bereitstellung in den Liegenschaften, ein gemeinwohlorientiertes Lieferant*innennetzwerk und eine ökologisch‐gerecht produzierte und betriebene Lieferflotte genannt.

Die bereits bestehenden Bemühungen der Studierenden‐ und Studentenwerke, beispielsweise in der Installation von Hybridfuhrparks, der Umstellung auf 100% erneuerbar gewonnenen Strom in eigenen Anlagen und Einrichtungen und der Einführung von Leitlinien für den Umweltschutz in Managementprozessen (StW Schleswig-Holstein, StW Bielefeld, StW Berlin und weitere), zeigen den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit für die Studierenden‐ und Studentenwerke bereits jetzt. Jedoch können die Studierenden‐ und Studentenwerke die notwendigen Leistungen für einen nachhaltigeren Hochschulraum nicht aus den laufenden Finanzierungsquellen heraus stemmen. Die Mittel können aufgrund des sozialen Auftrags der Studierenden‐ und Studentenwerke nicht durch die Studierenden aufgebracht werden. Daher wird die Bundesregierung erneut und, unter Bezugnahme auf den Beschluss zum Bereich Hochschulgastronomie der 78. Mitgliederversammlung, erweitert aufgefordert, einen Studierendenwerksnachhaltigkeitspakt mit einem sofortigen Initialbudget in bedarfsgerechter Höhe zu beschließen um dem gesteckten Ziel der Klimaneutralität förderliche Maßnahmen neben dem laufenden Tagesgeschäft und Neuanschaffungen ergreifen zu können. Dies betrifft insbesondere überfällige energetischen Sanierungen von Wohnheimen aus den Bau-Hochphasen in den 70er und 90er Jahren, aber auch sonstige veraltete, ineffiziente Infrastruktur. Der Studierendenwerksnachhaltigkeitspakt soll darüber hinaus in einer Höhe verstetigt werden, die den klimarelevanten finanziellen Bedürfnissen der Studierenden‐ und Studentenwerke bei der Instandhaltung und in neuen Anschaffungen entspricht. Mit den zu schaffenden staatlichen Fördermitteln können die Studierenden‐ und Studentenwerke zukünftige Entwicklungen selbiger ökologisch gerechter gestalten und die gesellschaftliche Vorreiterrolle weiter ausbauen.

Der geforderte erhöhte Finanzierungsspielraum für die Verschärfung der Nachhaltigkeitsanstrengungen sollte aus dem Eigeninteresse der datenbasierten Weiterentwicklung dokumentiert werden. Das Mitdenken der externalisierten Kosten, sowie die fachausschussübergreifende Zusammenarbeit in einer zu schaffenden Projektgruppe vermeidet die Fehler einer gesellschaftlich etablierten Kultur der Nachsichtigkeit. Die sozioökologische Bilanzierung erleichtert den nachhaltigen, effizienten Ressourceneinsatz von Beginn an. Durch die öffentliche Einsehbarkeit der Fortschritte im Erreichen der Klimaneutralität ist angesichts des Aufwinds umweltbezogener Themen unter Studierenden eine Attraktivitätssteigerung des Angebots der Studierenden‐ und Studentenwerke wahrscheinlich (Klimaschutzgutachten der Bundesregierung, 2017). Darüber hinaus stellt die Veröffentlichung in der Außendarstellung ein Signal für die Anbindung der Studierenden‐ und Studentenwerke an den evidenzbasierten Hochschulraum dar.

Der Antrag soll im Interesse der Studierenden und zukünftigen Generationen ein Aufschlag hin zu einem nachhaltigen Beitrag der Studierenden‐ und Studentenwerke für eine lebenswerte Zukunft sein. Auf diesem Weg wird in den Studenten‐ und Studierendenwerken das Potential gesehen, eine maßgebliche Vorreiterrolle zu übernehmen. Die benötigten Kraftanstrengungen können das DSW und seine Mitglieder nicht allein, sondern nur gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und in enger Zusammenarbeit mit den im DSW vertretenen Statusgruppen leisten – gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft und exponierte Vorreiterrolle des DSW.