01.12.2015

Hochschulsozialpakt im Volumen von mindestens 2,3 Mrd. Euro in den nächsten fünf Jahren dringend erforderlich!

Die 76. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) bekräftigt erneut ihre Forderung an Bund und Länder, ergänzend zu den Hochschulpakten für die Hochschulen endlich auch einen gemeinsamen Hochschulpakt zur Förderung der Sozialen Infrastruktur aufzulegen.

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Beschluss der 76. ordentlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) vom 1./2. Dezember 2015

Hochschulsozialpakt im Volumen von mindestens 2,3 Mrd. Euro in den kommenden fünf Jahren dringend erforderlich!

Die 76. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) bekräftigt erneut ihre Forderung an Bund und Länder, ergänzend zu den Hochschulpakten für die Hochschulen endlich auch einen gemeinsamen Hochschulpakt zur Förderung der sozialen Infrastruktur aufzulegen. Das Deutsche Studentenwerk erkennt die in den vergangenen Jahren von einem größeren Teil der Bundesländer aufgelegten Zuschuss- und Darlehensprogramme durchaus an, ebenso das von der Bundesregierung im November 2015 gestartete Förderprogramm für studentischen Wohnraum. Allerdings korrespondieren diese Aktivitäten nicht annähernd mit den seit 2008 stark gestiegenen Studierendenzahlen. Da diese dauerhaft auf hohem Niveau verharren und ein Anstieg der Zahl der ausländischen Studierenden – auch aufgrund studierwilliger Geflüchteter – über das von den Wissenschaftsminister/innen von Bund und Ländern formulierte Ziel von 350.000 bis 2020 hinaus zu erwarten ist, wird die Nachfrage nach Service- und Beratungsangeboten für die Studierenden auch künftig hoch bleiben. Erforderlich sind daher:

  • ein Förderprogramm mit Zuschüssen zur Schaffung von – an der Wohnkostenpauschale des BAföG orientierten – preisgünstigen und studiengerechten Wohnheimplätzen. Unter Berücksichtigung der in den Bundesländern bereits umgesetzten bzw. geplanten Baumaßnahmen besteht ein aktueller Bedarf für die Schaffung von rd. 25.000 zusätzlichen Plätzen,
  • verstärkte Förderung der Sanierung von preisgünstigem Wohnraum für Studierende,
  • darüber hinaus die kostenfreie Zurverfügungstellung von Grundstücken für die Bebauung mit Studierendenwohnheimen,
  • Investitionen für dringend erforderliche Sanierung, Modernisierung und erforderlichen Ausbau von Mensen und Cafeterien,
  • Investitionszuschüsse für den regional erforderlichen Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder studentischer Eltern,
  • Fördermittel für die Anpassung der Beratungsangebote der Studentenwerke an den steigenden Bedarf

Die sozialen Rahmenbedingungen für ein Studium sind in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden: So sind die Studierendenzahlen seit 2008 um fast 40% auf jetzt 2,7 Mio. gestiegen; das Angebot an öffentlich geförderten Wohnheimplätzen hingegen um gerade einmal 5%, das Angebot an Tischplätzen in den Mensen und Cafeterien nur um 19%. Nach den aktuellen Berechnungen der Kultusministerkonferenz (KMK) 2014 werden insbesondere die Studienanfängerzahlen sowie die Studierendenzahlen insgesamt über 2025 hinaus dauerhaft hoch bleiben. Bis 2020 erwartet die Kultusministerkonferenz noch 0,5 Mio. Studienanfänger jährlich und danach nur einen geringfügigen Rückgang auf 465.000 bis 2025. Bund und Länder haben zudem im April 2013 in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) eine Strategie zur Internationalisierung des deutschen Hochschulsystems verabschiedet, die einen deutlichen Anstieg der Zahl der ausländischen Studierenden bis 2020 auf 350.000 vorsieht und damit die aufgezeigte Entwicklung stützt.

Bund und Länder haben auf die Ausweitung der Studierendenzahlen in gemeinsamer Verantwortung bei der Finanzierung der Hochschulkapazitäten reagiert. Die Hochschulpakte sind ein gutes Beispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken. Die Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks hat diese gemeinsamen Anstrengungen mehrfach gewürdigt.

Der genauso notwendige entsprechende Ausbau der sozialen Infrastruktur des Studiums durch ein gemeinsames Förderprogramm ist dagegen bisher unterblieben. Mehrere Länder haben mit Landesförderprogrammen den Ausbau der sozialen Infrastruktur vorangetrieben. Dieses weiß die Mitgliederversammlung ausdrücklich zu schätzen. Einige Länder haben hierfür jedoch offenkundig keine ausreichenden Ressourcen. Insgesamt reichen die bisherigen Anstrengungen der Länder nicht aus. Es bedarf daher auch eines Bund-Länder-Hochschulpakts für die soziale Infrastruktur.

Zum Wohnbedarf

Legt man die aktuelle Nachfragesituation und den zusätzlichen Bedarf durch die Internationalisierungsstrategie zugrunde, werden abzüglich der bereits über Länderprogramme realisierten bzw. geplanten Plätze rd. 25.000 weitere bezahlbare und studiengerechte Wohnplätze benötigt. Dieses entspräche einem Investitionsvolumen von rd.1,6 Mrd. Euro und einem Zuschussvolumen von mindestens 800 Mio. Euro, legt man die bayerische Förderung von 32.000 Euro/Platz als Maßstab zugrunde.

In einer Reihe von Bundesländern gibt es erfreulicherweise Förderprogramme. So wurden hierdurch seit 2010 immerhin 13.625 Plätze geschaffen und etwa 13.600 Plätze sind im Bau bzw. in konkreter Planung. Die bundesweite Versorgungsquote von staatlich geförderten Wohnheimplätzen in Relation zur Zahl der Studierenden sinkt aber seit 2008 von 12,13% kontinuierlich ab auf 9,86% in 2015. Die Schere zwischen der Zahl der Studierenden und der Zahl der staatlich geförderten Wohnheimplätze geht immer weiter auseinander. Die geplanten Maßnahmen reichen somit bei Weitem nicht aus, um den Bedarf decken zu können.

An vielen Standorten gibt es darüber hinaus Sanierungsbedarf. Der Erhalt dieser Plätze als bezahlbarer studentischer Wohnraum erfordert ebenfalls eine ausreichende Förderung. Bundesweit und flächendeckend wurde hier von den Studentenwerken ein aktueller Investitionsbedarf von 1,3 Mrd. Euro in den kommenden fünf Jahren ermittelt, der einem Zuschussvolumen von 650 Mio. Euro entspricht.

Erforderlich wäre daher ein Bund-Länder-Programm mit folgenden Merkmalen:

  • Neubau, Umbau und Sanierung sollten ermöglicht werden, die Schwerpunktsetzung muss nach den landes- und ortspezifischen Bedarfen erfolgen.
  • Durch ausreichende Zuschüsse pro Wohnplatz muss sichergestellt werden, dass bezahlbarer Wohnraum erhalten und geschaffen wird. Orientieren muss sich die Förderung dabei an der Einkommenssituation derjenigen Studierenden, die nach der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks dem Viertel der Studierenden mit den niedrigsten Einnahmen angehören und weniger als 675 Euro monatlich zur Verfügung haben.
  • Grundlage der Aufteilung könnten die Verwaltungsvereinbarungen der Förderprogramme aus den 1990er Jahren sein. Plätze, die aus Landesfördermitteln bereits geschaffen werden, sollten in einem Bund-Länder-Förderprogramm bei der Aufteilung der Mittel bzw. bei der Bemessung der Länderfinanzierungsanteile berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund begrüßt das Deutsche Studentenwerk ausdrücklich, dass der Bund mit einem eigenständigen 120-Milllionen-Euro-Programm wieder in die Studierenden-Wohnraumförderung einsteigt. Allerdings wird angesichts des geplanten Finanzvolumens des Programms – wie auch bei den Förderkonditionen – mit einer geplanten Zuschusshöhe von lediglich maximal 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche noch deutlicher Nachbesserungsbedarf gesehen.

Die Studentenwerke haben beim Konjunkturpaket eindrucksvoll gezeigt, dass sie in der Lage sind, Baumaßnahmen zügig und effizient umzusetzen, wenn die notwendigen finanziellen Ressourcen für sie bereitgestellt werden.

Zu den Hochschulgastronomieeinrichtungen

Es besteht insbesondere bei dem älteren Bestand der Mensen und Cafeterien ein erheblicher Modernisierungs- und Sanierungsbedarf. Darüber hinaus ist der weitere Aus- und Umbau der hochschulgastronomischen Einrichtungen der Studentenwerke aufgrund der deutlich gestiegenen Studierendenzahlen sowie der stärkeren Verdichtung und „Verschulung“ in den neuen Studiengängen dringend notwendig, so dass ein Investitions- und Zuschussbedarf von insgesamt rd. 800 Mio. Euro in den kommenden fünf Jahren als erforderlich angesehen wird.

 

Zu den Kinderbetreuungsangeboten

Trotz intensiver Ausbaumaßnahmen in den vergangenen Jahren ist an vielen Hochschulen noch keine Bedarfsdeckung erreicht worden. Zusätzlich zu den bereits bestehenden rd. 8.500 Kita-Plätzen der Studentenwerke sind mindestens 2.000 weitere Plätze erforderlich. Erweiterte und flexibilisierte Öffnungszeiten in der Regelbetreuung sowie die flexible Kurzzeitbetreuung sind weitere Erfordernisse bedarfsgerechter Betreuungsangebote für Studierende mit Kind, die bisher jedoch nicht öffentlich gefördert werden.

Bund und Länder sind aufgefordert, Finanzierungsmöglichkeiten – sowohl für Investitionen als auch für den Betrieb dieser Angebote – zu schaffen. Der Kinderbetreuungsbedarf ausländischer Studierender ist deutlich höher als der von deutschen Studierenden: 11% der internationalen Studierenden sind Eltern, gegenüber 5% der deutschen Studierenden. Die interkulturellen Fortbildungsmöglichkeiten des Kita-Personals müssen ebenfalls erheblich gesteigert werden.

Zu den Beratungsangeboten

Die Beratungsangebote sind ein weiterer wesentlicher Baustein zur Sicherstellung des Studienerfolgs. Dieses gilt für alle Beratungsbereiche, angefangen bei der Studienberatung der Hochschulen bis hin zu Studienfinanzierungs-, Sozial- und psychosozialen Beratungsangeboten der Studentenwerke. Der zusätzliche Bedarf bei den Studentenwerken besteht besonders im Personalbereich: Eine personelle Aufstockung in allen Beratungsbereichen ist dringend geboten. Hinzu kommt aufgrund der aktuellen Entwicklung der Ausbau des Integrations- und Informationsangebots zur Internationalisierung. Die bestehenden Angebote der Studentenwerke für ausländische Studierende wurden bislang oftmals auf Basis einer zeitlich befristeten und auslaufenden Projektfinanzierung realisiert (Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes wie STIBET, PROFIS, PROFIN). Bund und Länder sind gefordert, hier eine dauerhafte Finanzierung zu schaffen, die den tatsächlichen Anforderungen gerecht wird.