11.12.2022

Der Campus zwischen Corona und Energiekrise: stabile soziale Infrastruktur für Studierende

Auch und gerade in Zeiten multipler Krisen gilt: Der Campus der Zukunft muss sozial sein, digital sein – und nachhaltig. Die Studierenden sind in der Krise erst recht auf eine stabile soziale Infrastruktur vor Ort angewiesen. Die Studierendenwerke wiederum werden ihre Anstrengungen, die Mensen klimaschonender zu machen, weiter intensivieren.

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Studentisches Wohnen

Der Wohnungsmarkt in so gut wie allen Hochschulstädten bleibt sehr angespannt, die Mieten auf dem freien Markt steigen rasant. Viele Studierende suchen händeringend eine bezahlbare Wohnung; viele wissen nicht, ob sie sich ihre jetzige Wohnung noch länger leisten können oder wie sie im Frühjahr 2023 die dann wohl zu erwartenden horrenden Betriebskostenerhöhungen bezahlen sollen. Die Wartelisten für die Wohnheimplätze der Studierendenwerke laufen wieder voll.

Die Studierenden- und Studentenwerke können Wohnheime bauen, wenn die Förderung stimmt. Wir bieten Bund und Ländern den Bau von 25.000 Wohnheimplätzen in den kommenden Jahren an, mittelfristig von 64.000 Plätzen, wenn es mindestens einen hälftigen öffentlichen Zuschuss gibt. Die andere Hälfte stemmen wir aus Eigenmitteln.

Mindestens genauso wichtig ist die Sanierung von Wohnheimen, um den Bestand zu modernisieren und zu erhalten. Auch hier gilt die Voraussetzung einer mindestens hälftigen öffentlichen Zuschussförderung.

Wir begrüßen daher sehr, dass der Bund mit den Ländern 2023 ein Programm „Junges Wohnen“ und dabei 500 Millionen Euro auch für studentisches Wohnen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung investieren will. Die Länder werden ebenfalls  zusätzlich einen Finanzierungsanteil beitragen. Sie sind aufgefordert, den ihnen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gewährten Spielraum umfassend zu nutzen, damit möglichst schnell, viele Wohnheimplätze auch bei den Studierendenwerken neugebaut bzw. erhalten werden können.

Vor diesem Hintergrund fordern wir von Bund, Ländern und Kommunen:

  • Zuschüsse für Neubau, Modernisierung und Sanierung in Höhe von mindestens 2,6 Mrd. für die nächsten drei Jahre bereit zu stellen,
  • klimafreundliches Bauen und Sanieren weiterhin durch ergänzende Klimaschutz-Förderprogramme zu ermöglichen, damit die Umsetzung der Klimaschutzziele auch durch die Studenten- und Studierendenwerke auch mit sozialen Mietpreise erfolgen kann
  • sowie die Länder, Kommunen und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BiMA) auf den Studierenden- und Studentenwerken wegen der vor allem in der Hochschulstädten extrem gestiegenen Bodenpreise kostenfreie bzw. kostengünstige Grundstücke für die Bebauung mit Wohnheimplätzen zur Verfügung zu stellen,
  • Grundsätzlich die Förderkulisse für den studentischen Wohnheimbau nachhaltig auszugestalten; dazu zählen möglichst langfristige (mindestens 40jährige) Belegungsbindungen, von Seiten der Länder der Verzicht auf das Erfordernis des Wohnberechtigungsscheins, eine Verknüpfung von Zuschusshöhe und Länge  der Belegungsfristen, Barrierefreiheit bedarfskonform normieren, Mietpreisbindunge grundsätzlich an der Wohnbedarfspauschale im Bafög (von aktuell 360 €) zu orientieren und regionale Unterschiede bei Baukosten zu berücksichtigen, aber auch eine sinnvolle Begrenzung der Wohnfläche von gefördertem Wohnraum für Studierende
  • Im Rahmen des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum Sorge dafür zu tragen, dass die aktuellen Rahmenbedingungen für den Neubau von (insbesondere öffentlich geförderten und bezahlbaren) Wohnheimplätzen grundlegend verbessert werden durch eine Beschleunigung und Vereinfachung von Bau- und Genehmigungsverfahren  sowie eine Begrenzung der Baukosten.

Hochschulgastronomie

In ihren 958 Mensen, Cafeterien und Bistros an den Hochschulen bieten die Studierenden- und Studentenwerke eine kostengünstige und gesunde Verpflegung durch qualitativ hochwertiges Essen, aber auch immer mehr eine nachhaltige Gastronomie, damit die Klimaschutzziele erreicht werden können. Die Mensen, Cafeterien und  Bistros sind zudem soziale Begegnungsräume, in denen die Studierenden Zeit zum zwanglosen Austausch ohne Verzehrpflicht, aber auch zum gemeinsamen Lernen haben. Diese Entwicklungen erfordern nicht nur Investitionen in die Substanz, in die klimafreundliche Sanierung und den Umbau der Verpflegungseinrichtungen.

Vor allem in der Hochschulgastronomie drohen gravierende finanzielle Belastungen. Zwar können Mensen und Cafeterien wieder geöffnet werden und die Nutzerzahlen steigen, doch von der Vollauslastung ist man vielerorts noch weit entfernt. Die Kostenkalkulationen der Essen, die ursprünglich deutlich höhere Gästezahlen zur Grundlage hatten, können insbesondere wegen der massiven Inflation und des Anteils fixer Personalkosten wirtschaftlich so nicht aufrechterhalten werden.

Deshalb fordert die Mitgliederversammlung des DSW von Bund und Ländern:

  • in den Jahren von 2022 bis 2026 insgesamt Zuschüsse in Höhe von 1,6 Milliarden Eurofür den Um- und Ausbau sowie die Sanierung der Mensen zu investieren; davon entfallen 1,5 Milliarden Euro auf die Mensen und 100 Millionen Euro auf die Cafeterien sowie
  • die Zuschüsse zum laufenden Betrieb zu erhöhen, damit die Studenten- und Studierendenwerke weiterhin in der Lage sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zuerfüllen und die Grundversorgung der Studierenden mit preisgünstigen Mahlzeiten sicherzustellen.

Psychologische und soziale Beratung

Die Nachfrage nach psychologischer und sozialer Beratung, die schon vor der Pandemie kontinuierlich angestiegen war,  hat sich im Zuge der Corona-Krise deutlich verstärkt. Dieser Trend wird sich durch die anhaltende Pandemie, den Ukraine-Krieg sowie die jüngste Energiekrise und Inflation fortsetzen.

Bei den Studenten- und Studierendenwerken mangelt es vielerorts an adäquaten Ressourcen in der psychologischen und sozialen Beratung für alle Studierenden, die Wartezeitenhaben sich an manchen Standorten vervielfacht.

Das DSW begrüßt, dass verschiedene Bundesländer – Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und Schleswig-Holstein – der Situation Rechnung getragen haben und eigene Sonderprogramme zur Deckung des Corona bedingten Mehrbedarfs im psychologischen und sozialen Beratungsbereichs aufgelegt haben; teils werden auch explizit Mittel für den gestiegenen Beratungsbedarf im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg zur Verfügung gestellt, so durch das Land Berlin und Schleswig-Holstein.

Wir fordern daher von Bund und Ländern:

  • ein Programm „Unterstützung nach Corona für Studierende“ aufzulegen und so für die kommenden vier Semester bis zu 10 Millionen Euro in die Beratungskapazitäten der Studierendenwerke zu investieren

Familienfreundliches Studium

Die Kitas der Studierenden- und Studentenwerke sind für die 6 Prozent derStudierenden mit Kind eine essenzielle Voraussetzung ihres Studiums. Mit ihren auf den Bedarf von studierenden Eltern zugeschnittenen Angeboten bieten die Studierendenwerke einen elementaren Beitrag für ein gelingendes Studium. Zum System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung gehörend, stehen aber auch Kita- Beschäftigten unter den schwerwiegenden Belastungen der Pandemie und des Fachkräftemangels. Es wird zunehmend schwerer, den gestiegenen Anforderungen mit den vorhandenen Ressourcen gerecht zu werden. Das Kita-Personal der Studierendenwerke ist am Rande der Erschöpfung.

Deshalb fordern wir von Bund und Ländern:

  • die beschlossene Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung für eine zeitgemäße Ausbildung zum Erzieher/-innen-Beruf schnellstmöglich anzugehen, mit wirksamen Maßnahmen – zum Beispiel den genannten schulgeldfreien und vergüteten Ausbildungsmodellen – zu unterfüttern und ausreichend zu finanzieren.

  • das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ über den 30.6.2023 fortzuführen. Auch die Kitas der Studierendenwerke konnten über dieses Programm geeignetes Fachpersonal für die Arbeit mit international gemischten Gruppen einstellen, das sie gerne möglichst lange halten wollen. Der Bedarf ist da.