03.12.2008

Anforderung an das staatliche Studienfinanzierungssystem der Zukunft

Die 69. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks fordert Bund und Länder auf, das staatliche Studienfinanzierungssystem auszubauen.

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Die 69. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) stellt fest:

 

Bildung ist der Schlüssel für die individuelle und gesellschaftliche Entwicklung. Bildungsinvestitionen sind Investitionen in die individuelle Emanzipation und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Bildung ist ein öffentliches Gut, keine Ware. Es ist ein Verfassungsgebot der Chancengleichheit und ein Erfordernis der ökonomischen Vernunft, die soziale Selektion im Bildungssystem zu überwinden, Zugangsschwellen auf dem Weg zur Hochschulbildung abzubauen, das Hochschulsystem arbeitsmarkt- und demografiegerecht auszubauen sowie lebensbegleitendes Lernen zu fördern. Ein leistungsstarkes staatliches Studienfinanzierungssystem hat zur Erreichung dieser Ziele eine zentrale strategische Bedeutung.

 

Die 69. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) fordert Bund und Länder deshalb auf, das staatliche Studienfinanzierungssystem auszubauen.

 

Das staatliche Studienfinanzierungssystem der Zukunft muss legislaturübergreifend:

 

1. In der Phase vor dem Studium Anreize für ein Studium setzen

a) Ziel:

  • Chancengleichheit bei der Bildung, insbesondere von jungen Menschen, durch Förderung und Anreize sichern
  • Breite Beteiligung im Bildungssystem stärken
  • Hochschulen vor allem für Menschen aus bildungsfernen Schichten sowie fürMigrant/innen
  • öffnen
  • Folgen des demografischen Wandels abmildern, Generationengerechtigkeit beachten
  • Fachkräftemangel – insbesondere in den MINT-Fächern – beheben

b) Maßnahmen:

  • Planbarkeit des Studiums, einschließlich seiner Finanzierung und sonstiger Unterstützung  herstellen
  • Transparenz in der Studienfinanzierung schaffen: Regelungen einfach und anschaulich  darstellen
  • Schüler-BAföG auch für Schüler/innen der Sekundarstufe II an allgemeinbildenden Schulen wieder öffnen (wie vor dem Jahr 1983)
  • Eltern entlasten, z.B. durch Direktzahlungen von staatlichen Transferleistungen (z.B. Kindergeld) an Studierende
  • Einheitliche Regelungen zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte schaffen
  • Aktuelle Informationen über Studieren in Deutschland auf einer zentralen Internet- Plattform von Bund und Ländern bereitstellen
  • Verschuldung begrenzen: Absolvent/innen und Abbrecher/innen nicht durch hohe Rückzahlungsverpflichtungen in der Berufseinstiegs-, Familiengründungs- und Existenzgründungsphase überfordern, sondern Förderung möglichst als Zuschuss/Stipendium gewähren (notfalls hälftig als zinsloses Darlehen mit Rückzahlungsdeckelung auf maximal 10.000 Euro)

2. In der Phase während des Studiums die Studierbarkeit sichern

a) Ziel:

  • Einheitliche und transparente Möglichkeiten der Studienfinanzierung schaffen
  • Studierbarkeit von Bachelor- und Master-Studiengängen durch ein leistungsstarkes Studienfinanzierungssystem   gewährleisten
  • Notwendigkeit der studentischen Erwerbstätigkeit (als Existenzgrundlage) vermeiden
  • Studienabbrüche aus finanziellen Gründen vermeiden

b) Maßnahmen innerhalb der staatlichen Studienfinanzierung:

  • Bundeseinheitlicher Rechtsanspruch auf Förderung
  • Gewährleistung  einer  Studienfinanzierung  in  einer  ausreichenden  Höhe  und  Dauer,
  • d.h. regelmäßige Bedarfsevaluation und automatische Anpassung von Freibeträgen und Bedarfssätzen an den tatsächlichen Bedarf
  • Altersgrenze beim BAföG abschaffen
  • Studienfinanzierung als Breitenförderung ausgestalten und „Mittelschichtsloch“ vermeiden
  • Unterschiedliche  Lebenslagen  berücksichtigen  (Studierende  mit  Kindern,  Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit, Studienabschluss, Auslandsausbildung)
  • Unbürokratische  Lösungen  ermöglichen
  • Personalintensive    Information    und    Beratung    muss    als    Teil    der    Aufgabe    der Studentenwerke durch die Länder ausfinanziert sein
  • Modularisierung der Bildung in Lebensphasen berücksichtigen (z.B. nach einem Bachelor-Abschluss zuerst mehrjährige Berufstätigkeit und dann erst Aufnahme eines Master-Studiengangs)

3. Die Europatauglichkeit bzw. Kompatibilität zum Bologna-Prozess gewährleisten und internationale Mobilität fördern (Internationalisierung)

a) Ziel:

  • Teilhabe  an  globaler  Wissensgesellschaft  ermöglichen,  Internationalisierung  von Wissenschaft  fördern
  • Interkulturellen Austausch ausbauen
  • Mobilität innerhalb des Bologna-Raums und weltweit gewährleisten

b) Maßnahmen:

  • Auslands-BAföG auf ein gesamtes Auslandsstudium in den Bologna-Staaten ausweiten
  • BAföG-Förderung   für   sämtliche   hochschulrechtlich   zulässige   BA-/MA-Studiengänge rechtlich  festschreiben
  • BAföG-Förderung für Menschen mit Migrationshintergrund verbessern
  • Förderung von internationalen Studierenden, insbesondere aus Entwicklungs- und Schwellenländern, durch weitere Stipendien ausbauen

4. Studiengebühren abschaffen

a) Ziel:

  • Soziale  Hürden  beim  Übergang  zur  Hochschule  abbauen,  soziale  Durchlässigkeit erhöhen
  • Bemühungen zur Steigerung der Studierneigung nicht konterkarieren
  • Die Erhöhung der Studienkosten durch Studiengebühren verhindern

b) Maßnahmen:

  • Studiengebühren in allen Ländern abschaffen
  • Soweit noch Gebühren erhoben werden, Studierende aus einkommensschwachen Familien von Studiengebühren befreien, insbesondere auch aus Schwellen- und Entwicklungsländern

 

 

 

69. ordentliche Mitgliederversammlung 

des Deutschen Studentenwerks (DSW)

am 2./3.12.2008