Unterhaltssichernde Leistungen der Sozialhilfe - Anspruchsvoraussetzungen

Studierende, die voll erwerbsgemindert und bedürftig sind, beantragen statt ALG II-Leistungen unterhaltssichernde Leistungen der Sozialhilfe.

Leistungen nur für „nicht-erwerbsfähige“ Studierende

Unterhaltssichernde Leistungen der Sozialhilfe nach dem 3. und 4. Kapitel des Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) stehen nur Menschen zur Verfügung, die "nicht erwerbsfähig" im Sinne des Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) sind.

Darunter fallen Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit – das heißt länger als sechs Monate – nicht im Stande sind, mindestens drei Stunden täglich unter üblichen Bedingungen einer Arbeit nachzugehen. Ist das der Fall, ist weiter zu prüfen, ob eine volle Erwerbsminderung im Sinne des Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) vorliegt.

„Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.“ (§ 43 Abs. 2 SGB VI)

Man unterscheidet zwischen Antragstellenden, die auf Dauer voll erwerbsgemindert sind und solchen, die vorübergehend voll erwerbsgemindert sind. Studierende, die vorübergehend oder auf Dauer „voll erwerbsgemindert“ sind, erhalten – sofern die Grundvoraussetzungen zum Bezug erfüllt sind – statt Leistungen des SGB II Sozialhilfe nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB XII oder Sozialgeld, wenn sie mit „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben“ (§ 7 SGB II).

Die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin oder des Antragstellers wird von der Agentur für Arbeit festgestellt (§ 44a SGB II). Eine entsprechende Prüfung wird nur dann eingeleitet, wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin medizinisch bedingt dauerhaft voll erwerbsgemindert ist.

Indizien dafür können entsprechende Atteste des Hausarztes oder Facharztes oder eine amtsärztliche Feststellung liefern. Entgegen der allgemeinen Verwaltungspraxis lässt die Zuordnung zu einer Pflegestufe im Sinne des Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI) keine zwingenden Rückschlüsse auf die Erwerbsfähigkeit eines Menschen mit Behinderungen zu.
Grundsicherung wegen andauernder voller Erwerbsminderung nach SGB XII
"Hilfe zum Lebensunterhalt" nach SGB XII für vorübergehend voll erwerbsgeminderte Studierende

Begrenzte Ansprüche: Ausschlussklausel und Härtefallsituationen

Unterhaltssichernde Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) gibt es für Studierende nur in wenigen Ausnahmefällen. Grundsätzlich greift die Ausschlussklausel für Studierende:

„Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (…) dem Grunde nach BAföG-förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen des 3. und 4. Kapitels des SGB XII. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.“ (§ 22 Abs. 1 SGB XII)

Das 3. Kapitel SGB XII regelt die „Hilfe zum Lebensunterhalt“, das 4. Kapitel SGB XII die „Grundsicherung wegen andauernder voller Erwerbsminderung“.

Die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von unterhaltssichernden Maßnahmen nach SGB II ("ALG II") und SGB XII ("Sozialhilfe") sind nicht identisch, aber Art und Höhe der Ansprüche sind vergleichbar. Wie im SGB II können Studierende Ansprüche nach dem SGB XII nur geltend machen, wenn

  • sie sich in Ausbildungen bzw. Ausbildungsphasen befinden, die „dem Grunde nach nicht BAföG-förderungsfähig“ sind (beispielsweise reguläre Teilzeitstudiengänge, krankheitsbedingte Studienunterbrechungen länger als 6 Monate) oder
     
  • sie sich in einer besonderen Härtefallsituation befinden.

Es können nur besondere Härtefallsituationen berücksichtigt werden, die während eines bereits laufenden Studiums entstehen. Wer ein Studium neu aufnimmt, erfüllt die besonderen Härtefallkriterien nicht und riskiert bei Aufnahme eines Studiums unter Umständen seinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung wegen voller Erwerbsminderung.

Die Zusammenstellung anerkannter Härtefälle in den Durchführungshinweisen der Bundesagentur für Arbeit kann eine erste Orientierung geben.
Arbeitslosengeld II
Darlehen in besonderen Härtefällen nach § 27 SGB II

Leistungen nur für „bedürftige“ Studierende

Sozialleistungen nach SGB XII zur Finanzierung des laufenden Lebensunterhalts sind immer nachrangig. Nur wer sich durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens nicht selbst helfen kann bzw. wer die erforderliche Leistung nicht von anderen, insbesondere seinen Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten kann, hat einen Anspruch auf unterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB XII (§ 2 SGB XII). Die „Bedürftigkeit“ ist stets nachzuweisen.